Der Blog für Ideenmanager

Best Practice Beispiel: Die Ideenschmiede bei Alberts

Geschrieben von Dr. Hartmut Neckel | 03.04.24 08:59

Wie spielen KVP, Ideen- und Innovationsmanagement zusammen? Mit welchen Instrumenten wird die Beteiligung der Mitarbeiter und Führungskräfte unterstützt? Und wo wird das Ideenmanagement organisatorisch zugeordnet? In einem sich wandelnden Umfeld müssen auf diese und weitere Fragen immer wieder neue Antworten gefunden werden. Lesen Sie hier, welche aktuellen Lösungen ein mittelständisches Familienunternehmen im Herzen des Sauerlandes geschmiedet hat.

Das Unternehmen

Die von Gustav Alberts 1852 in Herscheid gegründete Riegelschmiede hat sich zu einem stetig expandierenden Systemanbieter für Handel, Handwerk und die Industrie entwickelt. Die heute von Dietrich Alberts und seinem Sohn Alexander Alberts in vierter und fünfter Generation geführte Gust. Alberts GmbH & Co. KG fertigt mit rund 500 Mitarbeitenden über 7.000 Produkte in den Bereichen Zaun, Beschläge, Profile, Bleche und vieles mehr für Heimwerker und Profis. Zahlreiche eigene Patente belegen die seit über 170 Jahren gelebte Innovationskraft.

Der Claim des Unternehmens – „Gemacht, um zu halten.“ – bezieht sich auf Vieles: die Produkte, die lange halten; das Qualitätsversprechen, das eingehalten wird; die Belegschaft, die zusammenhält; und natürlich auch auf das Ideenmanagement, das seit Jahrzehnten fit gehalten wird.

Vom Vorschlagswesen zur Ideenschmiede

Auf dem Weg vom vor vielen Jahrzehnten eingeführten Vorschlagswesen zur heutigen Ideenschmiede erfuhr das Ideenmanagement bei Alberts zahlreiche Veränderungen. Gleichzeitig gab es aber auch Konstanten, die ungeachtet allen Wandels nie in Frage gestellt wurden. Vielleicht ist es diese Kombination aus flexibler Anpassungsfähigkeit und unbeirrter Beständigkeit, die einen Teil des Erfolgsgeheimnisses des Ideenmanagements bei Alberts ausmacht. Im Folgenden stellen wir vor, was sich in Gesprächen mit Alexander und Dietrich Alberts, Solveig Flörke (Interne Unternehmenskommunikation und Ideenmanagement), Holger Geck (Leiter Marketing, Produktmanagement und Kommunikation) und Hartmut Neckel dazu ergeben hat.

Organisatorische Zuordnung: Die meisten mittelständischen Unternehmen sind zu klein, um für das Ideenmanagement eine Vollzeitkraft bereitstellen zu können (zur Orientierung: im „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2021“ betrug der Medianwert der Personalkapazität etwa ein Drittel Vollzeitäquivalent pro 1000 Mitarbeiter – das wären bei 500 Mitarbeitern nur etwas mehr 6 Stunden pro Woche). Es stellt sich also die Frage, in welcher Abteilung dieser Einsatz am ehesten und mit der besten Wirkung („nebenbei“) geleistet werden kann.

  • Entsprechend den wechselnden Anforderungen und Möglichkeiten der jeweiligen Zeit wurde diese Frage bei Alberts immer wieder neu beantwortet: So wurde das frühere Vorschlagswesen bereits von der Zeiterfassung betreut, dem Personalwesen zugeordnet, in Personalunion vom Betriebsrat vertreten oder mit der Zuständigkeit für Arbeitssicherheit, Gesundheit, Umwelt kombiniert.
  • Aktuell ist das Ideenmanagement bei der internen Unternehmenskommunikation angesiedelt – einer Stelle, die im Bereich des Marketings erst vor etwa zwei Jahren geschaffen worden war, um mit der Entwicklung digitaler Medien in der Kommunikation Schritt zu halten. (Auch hier zur Orientierung: Im „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2021“ gab es diese Zuordnung nur in knapp 1% der 239 teilnehmenden Unternehmen).

Kommunikation & Marketing: Diese neue Zuordnung ermöglichte eine generelle Auffrischung im Auftritt des Ideenmanagements und führte zu einer umfassenden Intensivierung von Kommunikation und Marketing.

  • Das Ideenmanagement erhielt den Namen „Ideenschmiede“. Er war von Mitarbeitern über die Mitarbeiter-App in einer Befragung vorgeschlagen worden und wurde anschließend aus mehreren Vorschlägen ausgewählt. Visualisiert wurde der Name in einem entsprechenden an das Corporate Design angelehnten Logo (siehe Titelbild).
  • Allen neuen Mitarbeitern wird die Ideenmanagerin persönlich vorgestellt. Dazu wurde die Ideenschmiede in den Laufzettel für neue Mitarbeiter aufgenommen. Zusätzlich wird die Ideenschmiede in der Onboardingbroschüre vorgestellt.
  • Mindestens einmal pro Quartal wird in der Mitarbeiter-App über das Ideenmanagement berichtet. Die Ideenschmiede ist Teil des Content-Kalenders, mit dem die Bereitstellung von Inhalten aus allen Abteilungen organisiert wird.

Software-Tools für Ideeneingabe und -bearbeitung: Nachdem mittlerweile über 90% der Mitarbeiter die von der Unternehmenskommunikation eingeführte Mitarbeiter-App nutzen, ist die App zum einzigen Kanal geworden, über den Vorschläge eingereicht werden. In einem kurzen Video, das in der App abrufbar ist, wird die Formularfunktion der App zur Eingabe von Ideen erklärt.

Die Bearbeitung der Vorschläge durch die Führungskräfte erfolgt mit einer für das Aufgabenmanagement eingeführten Software. Hier werden zu bearbeitende Vorschläge vom Ideenmanagement als „normale“ und terminierte Aufgaben für den jeweiligen Bearbeiter eingestellt. In der Regel beträgt die Bearbeitungsfrist vier Wochen, kann aber bei Bedarf vom Bearbeiter angepasst werden.

Vorteil dieser zweigleisigen Software-Unterstützung ist, dass das Ideenmanagement jeweils in den gleichen digitalen Umgebungen zugänglich ist, in denen auch sonst die Mitarbeiter kommunizieren (App) bzw. die Führungskräfte Aufgaben bearbeiten (Aufgabenmanagementsoftware).

Zusammenspiel zwischen Ideenschmiede und Innovations- bzw. Produktmanagement: Vorschläge zu neuen Produkten oder Produkteigenschaften werden von der Ideenschmiede an das Innovationsmanagement übertragen.

  • Wenn das Produktmanagement entscheidet, die Idee in seine „Vorratsliste“ aufzunehmen, wird der Vorschlag im Ideenmanagement als „nicht rechenbar“ pauschal prämiert. Gleichzeitig wird der Einreicher darüber informiert, dass er keine weiteren Informationen über eine evtl. Umsetzung erhalten wird. Wenn der Vorschlag nicht in den Ideenpool aufgenommen wird, gilt er als abgelehnt (ohne Anerkennungsprämie).
  • In beiden Fällen ist der Vorschlag dann für die Ideenschmiede „abgeschlossen“, und er wird von Seiten des Ideenmanagements nicht weiter verfolgt.

Zusammenspiel zwischen KVP und Ideenmanagement: Ergänzend zum Ideenmanagement wurde 2018 / 2019 ein abteilungsbezogener Kontinuierlicher Verbesserungsprozess KVP eingeführt. Während in der Ideenschmiede Ideen mit konkreten Lösungsvorschlägen gefragt sind, können im KVP alltägliche Probleme und Ärgernisse vorgebracht werden, für die aus Sicht der Mitarbeiter eine Lösung nützlich wäre.

  • Dafür wurden in allen Abteilungen der Produktion und Logistik Mitarbeiter als KVP-Verantwortliche benannt. Sie sammeln die von ihren Kollegen angesprochenen Themen und geben sie in wöchentlichen Meetings an den KVP-Manager weiter. Übergreifende Probleme, die sich nicht direkt lösen lassen, werden in einer monatlich tagenden KVP-Kommission bearbeitet. Den Bearbeitungsstatus können die Mitarbeiter anhand einer Liste verfolgen, die auf Info-Screens angezeigt wird.
  • Vorschläge, die im KVP vorgebracht werden, aber im Rahmen des Ideenmanagements effektiver bearbeitet werden können (z.B. weil Zuständigkeiten einbezogen werden müssen, die an den KVP-Meetings nicht teilnehmen), werden zur Bearbeitung an das Ideenmanagement übertragen.
  • Aber auch im KVP eingebrachte Ideen, die bereits im Rahmen des KVP umgesetzt wurden, werden anschließend an das Ideenmanagement übertragen, wenn sie über die Arbeitsaufgabe hinausgehen und durch die Prämierung im Ideenmanagement eine besondere Anerkennung erhalten sollen.

Ideenmanagement als „Chefsache“: Eine der oben angedeuteten „Konstanten“ ist das persönliche Engagement der Geschäftsführer für das Ideenmanagement. Bereits im Jahr 2000 hatte Dietrich Alberts die Weichen für eine umfassende Modernisierung des damaligen Vorschlagswesens gestellt und sich einem firmenübergreifenden Kooperationsprojekt zu diesem Thema angeschlossen. Seitdem blieb das Ideenmanagement ein fester Bestandteil seiner Unternehmensstrategie. Dietrich Alberts formuliert seinen Anspruch so: „Jeder Mitarbeiter soll bei uns die Möglichkeit haben, die ihn betreffenden Themen mitzugestalten. Das Ideenmanagement macht Betroffene zur Beteiligten.“ Sein Sohn Alexander Alberts ergänzt: „Dabei ist uns wichtig, dass die Mitarbeiter ihre Kompetenz einbringen und für ihr Engagement Wertschätzung erhalten. Jeder Beitrag zählt“.

  • Konkret besteht das Engagement auch darin, dass sich der Geschäftsführer etwa alle zwei bis drei Monate mit der Ideenmanagerin zusammensetzt. Gemeinsam werden dann eine nach Bearbeiter aufgeschlüsselte Liste der Durchlaufzeiten gesichtet und alle noch offenen Vorschläge kurz erörtert.

Kooperation und Benchmarking: Eine weitere Konstante und gleichzeitig ein weiterer Ausdruck des hohen Interesses an einem lebendigen Ideenmanagement ist die kontinuierliche Mitwirkung in einem aus dem genannten Kooperationsprojekt hervorgegangenen Unternehmensnetzwerk:

  • In diesem Kreis finden halbjährlich Erfahrungsaustauschtreffen sowohl zwischen den Ideenmanagern als auch zwischen den Geschäftsführern der beteiligten Unternehmen statt. Die gegenseitige Inspiration hilft jedem Teilnehmer, sein eigenes Ideenmanagement weiterzuentwickeln und bewirkt nicht zuletzt einen Zusammenhalt, der durch Krisen trägt.
  • Aufgrund der Erfahrung, wie wertvoll der Austausch und das Benchmarking mit anderen Unternehmen auch für das Ideenmanagement sind, zählt Alberts zu den 50 Unternehmen, die die Initiative zum „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement“ tragen und nimmt seit der ersten Durchführung für 2018 Jahr für Jahr daran teil.

Die aktuellen Zahlen für 2023 belegen, dass die „Corona-Delle“ bei Alberts mittlerweile überwunden ist. Inwieweit das auch für das Gros der Unternehmen in der DACH-Region zutrifft, werden die Ergebnisse des „Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2023“ zeigen.

Ein nach Stichworten sortiertes Verzeichnis mit Links auf alle bisher erschienenen Beiträge im Blog zum Ideenmanagement finden Sie in diesem Register (inkl. das Stichwort „Praxisbeispiele“).

Alle Erwähnungen von Produkten und Unternehmen sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

Solveig Flörke, Dipl. Kulturwirtin und gelernte Journalistin, ist zuständig für die interne und externe Unternehmenskommunikation bei Alberts. Bevor sie vor drei Jahren nach Herscheid kam, war sie Autorin beim WDR Fernsehen.

Kontakt: solveig.floerke@alberts.de

Holger Geck, leitet die Bereiche Marketing, Produktmanagement und Kommunikation bei Alberts.

 

Kontakt: holger.geck@alberts.de