Das Wort „Sonderaktion“ macht schon deutlich, dass es um eine „besondere“ Aktion geht, die das „normale“ Geschehen ergänzt. Meist sind Sonderaktionen einem besonderen Anlass oder Thema gewidmet. In diesem Blogbeitrag stellen wir Kampagnen und Wettbewerbe in den Mittelpunkt – auch im Hinblick auf Anwendungsmöglichkeiten in Zeiten der Corona-Krise.
Zunächst einige Begriffserklärungen
Oft werden die Begriffe „Kampagne“, „Wettbewerb“ und „Sonderaktion“ einerseits synonym für gleichartige Aktionen verwendet, andererseits werden ebenso oft konzeptionell doch recht unterschiedliche Programme mit dem gleichen Begriff bezeichnet. Das ist nicht weiter problematisch, sofern jeder für sich weiß, wovon er redet – um Erfahrungen auszutauschen und mit- und voneinander zu lernen, ist es aber hilfreich, sich auf Begrifflichkeiten zu verständigen.
Zunächst verfolgen alle Kampagnen, Wettbewerbe und Sonderaktionen – unabhängig davon, was sich nun konkret dahinter verbirgt – eine oder mehrere der folgenden Zielsetzungen:
- Quantitative Ziele: Es wird eine Steigerung der Beteiligung bzw. der Anzahl von Ideen angestrebt.
- Qualitative Ziele: Es werden Ideen angestrebt, die einem definierten Anspruch genügen – z.B. die den Fokus auf ein spezifisches Thema richten, oder die einen hohen Nutzen und eine gute Ausarbeitung haben.
- Kommunikative Ziele: Es wird primär angestrebt, Aufmerksamkeit für das Ideenmanagement zu gewinnen – etwa beim Top-Management und den Führungskräften.
Hierzu sind Sonderaktionen in den unterschiedlichsten Formen möglich. In vielen Fällen handelt es sich dabei weder um Kampagnen noch um Wettbewerbe (wie wir sie hier verstehen).
Ein Beispiel hierfür ist etwa die Vergabe von Give-aways während den Aktionsphasen, die mit Bezug zu jahreszeitlichen oder gesellschaftlichen Ereignissen und Zeiträumen (z.B. Sportmeisterschaften) gewählt werden. Entsprechende Anregungen finden Sie im Kapitel 4.2 der Toolbox Ideenmanagement.
Manche Sonderaktionen sind als einmalige und zeitlich befristete Aktionen angelegt, andere als auf Dauer („bis auf Weiteres“) bzw. auf jährliche Wiederkehr angelegte Programme, mit denen die „normalen“ Regelungen und Workflows ergänzt werden. Um diese Unterschiede bei Kampagnen und Wettbewerben zu berücksichtigen, schlagen wir folgende Systematisierung vor:
- Aus einem Abteilungsranking (anhand von Kennzahlen aus dem Ideenmanagement) wird ein über das ganze Jahr laufender und jährlich (oder monatlich) wiederkehrender „Abteilungswettbewerb“, wenn das Ranking mit einer Kür und Honorierung der „besten“ Abteilung verbunden wird (z.B. Budget für ein Abteilungsevent, Wanderpokal) – nach welchen Kriterien auch immer die „beste“ Abteilung ermittelt wird. Meistens werden solche quasi-kontinuierlichen (permanent laufende und wiederkehrende) Abteilungswettbewerbe als zusätzliche Anreiz- und Marketinginstrumente eingesetzt (neben den „normalen“ Prämienreglungen).
- Im Unterschied zu solchen (kennzahlenbasierten) Abteilungswettbewerben nennen wir themenfokussierte, einmalige (zu diesem Thema, in dieser Form) und auf eine Aktionsphase begrenzte Wettbewerbe im Folgenden „Ideenwettbewerbe“.
- In Kampagnen, die als kontinuierliche Crowdsourcing-Initiativen angelegt werden (im Sinne des „agilen Crowd-Modells“, siehe Blogbeitrag vom 19.12.2019), sehen wir in erster Linie zusätzliche „Ideenkanäle“. Über solche Kanäle können definierte Communities Ideen zu vorgegebenen Themen ohne zeitliche Begrenzung einreichen und gemeinsam an deren weiteren Reifung arbeiten.
Damit bleibt der Begriff „Kampagne“ themenfokussierten und auf eine begrenzte Dauer angelegten Kampagnen vorbehalten (im Unterschied zu den o.g. permanent offenen Ideenkanälen). In der Regel werden solche Kampagnen gezielt top-down initiiert, wobei die Themen auch von verschiedenen interessierten Abteilungen vorgegeben werden können. Hype Innovation verwendet daher in diesem Zusammenhang den Begriff „Top-down-Kampagne“.
Eine ganz andere Bedeutung hat das Wort „Kampagne“ in der Wortkombination als Werbe- oder Informationskampagne. Tatsächlich benötigt man Werbe- und Informationskampagnen, um auf jegliche Form von Sonderaktionen, Wettbewerben und (Ideen-)Kampagnen aufmerksam zu machen.
Abbildung: Einordnung von Kampagnen, Wettbewerben und Sonderaktionen
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Ideenwettbewerben und Kampagnen
Bleibt noch zu klären, wie zwischen „Ideenwettbewerben“ und „Kampagnen“ unterschieden werden könnte.
Bei Ideenwettbewerben steht naturgemäß der Wettbewerbsgedanke im Vordergrund. Dementsprechend steht am Ende vor allem die Kür der Top-Idee(n). Varianten der Ausgestaltung bestehen u.a. darin, ob nur der/die Einreicher der Top-Idee(n) honoriert wird/werden oder alle Wettbewerbsteilnehmer Gewinnchancen haben (z.B. über eine Verlosung).
- Bei Wettbewerben (und Verlosungen) gibt es meist wenige, dafür sehr attraktive Gewinne. Die Attraktivität der Hauptgewinne soll die Aufmerksamkeit wecken und die Motivation zur Teilnahme fördern. Wie bereits erwähnt, werden Sonderaktionen daher vor allem dann als Wettbewerbe gestaltet, wenn solche Marketinggesichtspunkte eine Rolle spielen.
- Neben der inhaltlichen „Challenge“ (durch das Thema) können Wettbewerbe zusätzliche Motivation auch durch die sportliche oder spielerische „Challenge“ („wer gewinnt?“) bewirken.
Bei Kampagnen steht vor allem das jeweilige Thema im Vordergrund. Während Wettbewerbe meist die gesamte Belegschaft einbeziehen, besteht ein Wesensmerkmal von Kampagnen in der Möglichkeit, gezielt nur vordefinierte Personengruppen ansprechen zu können.
- Anstelle des Wettbewerbsgedankens wird zudem oft ein eher kollaborativer Ansatz verfolgt. Ideen werden innerhalb der jeweils angesprochenen Community gemeinsam weiterentwickelt, und auch bei der Beurteilung können Crowd-Meinungen und Experten-Know-how kombiniert werden. Das schließt nicht aus, dass für Ideen, die hinsichtlich des Themas der Kampagne „ins Schwarze treffen“, besondere Incentives ausgelobt werden.
In der Praxis sind die Übergänge zwischen Ideenwettbewerben und Kampagnen so fließend, dass eine strenge Unterscheidung nicht durchgängig aufrechterhalten werden kann.
So sind zu vielen auch sehr spezifischen Themen (z.B. spezielle Aspekte in den Bereichen Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit, Innovation) viele Ideen denkbar, die allesamt umsetzungswürdig sind. Häufig sehen Kampagnen/Ideenwettbewerbe daher so aus, dass zwar einige Ideen als Top-Ideen gekürt und besonders honoriert werden, aber auch alle anderen Ideen im „normalen“ Begutachtungsprozess des Ideenmanagements daraufhin betrachtet werden, wie sie genutzt werden können (um etwa Gesundheits- und Sicherheitsrisiken zu minimieren oder Innovationschancen zu optimieren). Der Wettbewerbscharakter dient dann vornehmlich als Marketinginstrument, um eine möglichst große Beteiligung an der Kampagne zu fördern. Dieser bereits angesprochene Marketinggesichtspunkt ist um so wichtiger, je größer die angesprochene Gruppe ist.
Es gibt jedoch auch genügend Anlässe, bei denen es („nur“) darum geht, die eine beste Idee für das vorgegebene Thema zu finden – etwa die beste Lösung eines Problems (die dann alle anderen Ideen i.w. überflüssig macht). Hier kann es dann sinnvoll sein, den „klassischen“ Ansatz des Ideenmanagements zu verlassen, alle eingereichten Ideen über einen einheitlichen Workflow zu bearbeiten. Welche Ideen in die engere Auswahl für die „beste“ Lösung kommen, lässt sich meist in einem recht groben Screening feststellen (ggf. auch über Votings), eine intensive Bearbeitung der restlichen Ideen kann entfallen.
- Wenn vorab geklärt und geregelt wurde, dass in Kampagnen und Ideenwettbewerben kein Anspruch auf die Bearbeitung jeder Idee (gemäß den Richtlinien des Ideenmanagements) besteht, können Kampagnen und Ideenwettbewerbe eine attraktive Alternative zum Workflow im „normalen“ Ideenmanagement bieten. Es ist der interessierten Abteilung dann mit geringem Aufwand möglich, sich die beste(n) Idee(n) herauszusuchen, ohne sich um den Rest kümmern zu müssen.
- Entsprechende Regelungen könnten etwa vorsehen, dass die Differenz gemäß den Regeln des Ideenmanagements prämiert wird, falls der Nutzen der gekürten Idee den Wert des Gewinns übersteigt, und dass in Kampagnen/Ideenwettbewerben nicht gekürte Ideen nochmals auf „normalem“ Weg im Ideenmanagement eingereicht werden können (oder dies auch automatisch geschieht).
- In vielen Unternehmen hat sich das Ideenmanagement zum internen „Dienstleister“ oder „Business Partner“ entwickelt, dessen „Leistungsangebot“ für andere Abteilungen auch die Organisation und Durchführung von Kampagnen oder Ideenwettbewerben umfasst. Hier ist die voranstehend skizzierte Verknüpfung besonders einfach. Doch selbst wenn Kampagnen oder Ideenwettbewerbe völlig losgelöst vom Ideenmanagement von anderen Abteilungen veranstaltet wurden, sehen die bereits bestehenden Regelungen vieler Unternehmen vor, dass umgesetzte Vorschläge auch rückwirkend eingereicht werden können – dies kann dann auch auf die in Kampagnen oder Ideenwettbewerben anderer Abteilungen entstandenen Ideen angewendet werden.
Kampagnen und Ideenwettbewerbe in Ausnahmezeiten
Als „Sonderaktionen“ sind Kampagnen und Ideenwettbewerbe für den Einsatz in „besonderen“ Zeiten prädestiniert, während das „normale“ Ideenmanagement derzeit in den meisten Unternehmen weitgehend in den Hintergrund geraten ist.
Gleichzeitig werden in allen Unternehmen für die gewaltigen Herausforderungen schnell Ideen und Lösungen benötigt. Kampagnen und Ideenwettbewerbe sind gut geeignete Instrumente, hierbei möglichst viele (oder möglichst gezielt ausgewählte) Personen und Perspektiven einzubeziehen, etwa um (frei nach Hype Innovation)
- ... die Kreativität und Phantasie einer heterogenen Gruppe zu nutzen.
- ... das kollektive Wissen einer Community zur Problemlösung zu mobilisieren.
- ... lokales Spezialwissen in unterschiedlichen Niederlassungen des Unternehmens zu identifizieren.
- ... Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und andere betroffene Personengruppen beim Testen von Ideen und Konzepten einzubeziehen.
- ... Feedback zu laufenden Aktionen zu sammeln, um sie zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Einige aktuell relevante Themenfelder für mögliche Kampagnen und Ideenwettbewerbe hatte ich in meinem Blogbeitrag vom 26.03.2020 genannt und dort auch auf die Anregungen im Blogbeitrag von Colin Nelson vom 20.03.2020 hingewiesen. Vorschläge, die zu solchen Themen mittlerweile eingebracht wurden, haben in den jeweiligen Unternehmen beispielsweise dazu geführt, dass
- ... für jeden Mitarbeiter ein Touchpen angeschafft wurde, mit dem nun das Touchpanel für Zeit- und BDE-Meldungen bedient werden kann.
- ... ein Werkzeug zum kontaktlosen Öffnen von Türen entwickelt wurde, das mit dem unternehmenseigenen 3D Drucker hergestellt werden kann.
- ... die bereits im Rahmen von 5S standardisierten Reinigungsstationen zu einheitlichen Hygiene-Stationen ausgebaut wurden.
- ... relevante Informationen des Robert-Koch-Instituts auch über die internen Informationskanäle (z.B. Monitore, Terminals) jederzeit für alle Mitarbeiter zugänglich sind.
- ... in der Mitarbeiter-App des Ideenmanagements ein Bereich geschaffen wurde, wo Ideen, Anregungen, Hinweise oder Tipps und Gedanken rund um das Thema „Coronavirus“ und der aktuellen gesellschaftlichen Lage eingestellt und geteilt werden können.
Eine zukünftige Sonderaktion könnte (und sollte) beispielsweise die Frage „Was sind die Erfahrungen in der Krise und was kann man in Zukunft besser machen?“ betreffen.
Die Ideenmanagement-Software vieler Unternehmen umfasst heutzutage Tools, mit der sich Kampagnen schnell und unaufwendig organisieren und durchführen lassen. Doch auch wenn das eigene System diese Funktion nicht bietet, sind Aktionen über E-Mail-Verteiler oder über die internen Social Media kurzfristig machbar.
Beispiele für Kampagnen und Ideenwettbewerbe in „normalen“ Zeiten folgen in späteren Beiträgen dieses Blogs.
Nutzen Sie Spontanität und Improvisation, um mit Kampagnen und Ideenwettbewerben Ideen zur Bewältigung des aktuellen Notstands zu mobilisieren!
Zum Autorenteam: Dieser Blogbeitrag entstand infolge einer intensiven Diskussion zwischen HP Lang und Dr. Hartmut Neckel über Kampagnen, Wettbewerbe und andere Sonderaktionen.
HP (Hans-Peter) Lang, geboren am 26.05.1965, lebt mit seiner Familie in München. Nach der kaufmännischen Ausbildung bei Osram war er zuerst in der IT und danach lange Zeit als FuE Controller in der Halbleiter-Sparte bei Siemens tätig, die 1999 zu Infineon wurde. Hier wirkte er an der Entwicklung des globalen FuE Controlling Systems und der standortübergreifenden EDA Lizenzverrechnung des Konzerns mit. Im Laufe seiner Tätigkeit als Ideenmanager für den Zentralstandort München wurde das Programm weltweit ausgerollt.
Kontakt: HP.Lang@infineon.com