Wovon hängt die Höhe der Einsparung pro Mitarbeiter in einem Unternehmen ab? Wie lässt sie sich gezielt beeinflussen? Gibt es überhaupt Anhaltspunkte zur Beantwortung dieser Fragen? Ausgehend von den Ergebnissen des „Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2019“ haben wir darüber diskutiert.
Ein (fiktives) Gesprächsprotokoll: Magnus Brückner und Dr. Hartmut Neckel
Neckel: Ausgangspunkt unserer Diskussion war eine These im Blogbeitrag vom 24.04.2020. Dort schrieb ich mit Bezug auf die Beobachtung, dass sich keine signifikante Korrelation der Einsparungs- mit der Vorschlagsquote feststellen lässt:
- »Eine These zur Erklärung dieser Beobachtung könnte sein, dass das Potential für Einsparungen vor allem von Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens abhängt, während das tatsächliche Ausschöpfen dieses Potentials (über den Kanal des Ideenmanagements) eine Frage des „Zufalls“ ist. Offenbar sind die Chancen auf solche „Zufälle“ von der Anzahl der Vorschläge weitgehend unabhängig.«
Brückner: Diese These wollte ich so nicht stehen lassen. Schließlich habe ich immer wieder gemerkt, dass man die Anzahl der Vorschläge über einer bestimmten „kritischen Schwelle“ halten muss, um dauerhaft hohe Einsparungen zu erzielen. Wie hoch diese „kritische Schwelle“ ist, mag allerdings in verschiedenen Unternehmen unterschiedlich sein.
N: Wie dauerhaft eine hohe Einsparung in einem konkreten einzelnen Unternehmen erzielt wird, lässt sich anhand des Kennzahlenvergleichs nicht feststellen. Das kann nur die Betrachtung der Zeitreihen im jeweiligen Unternehmen zeigen. Wenn wir aber unsere Erfahrungen aus der Praxis hinzunehmen, müssen wir doch auch sagen, dass die Einsparungshöhe beträchtlichen Schwankungen unterliegt – jedenfalls sehr viel größeren Schwankungen als die Beteiligungs- und Vorschlagsquoten … und das auch dann, wenn die Vorschlagsquote ständig über der „kritischen Schwelle“ liegt.
B: Diese größere Schwankungsbreite geht sicherlich auch auf den von Ihnen erwähnten „Zufallseffekt“ zurück: Richtig große Einsparungen sind einfach seltener und können sich in dem einen Jahr häufen, in einem anderen ganz ausbleiben. Außerdem gibt es ja noch andere Einflüsse auf die Einsparungshöhe: Ich erinnere ein Jahr mit vergleichsweise geringer Vorschlagsquote, in dem der damalige CEO das Thema sehr aktiv gepusht und dafür gesorgt hat, dass das Ideenmanagement mit hoch bewerteten Vorschlägen beschickt wurde – in diesem Jahr hatten wir eine der höchsten Einsparungen überhaupt. Trotzdem: Die „Laufzeitbeobachtung“ im damaligen Energy Sector der Siemens AG zeigt: Steigende Beteiligung und steigende Vorschlagszahlen ziehen mit einem zeitlichen Versatz die Anzahl realisierter Ideen und die Einsparungen auf Dauer, auch um Schwankungen bereinigt, mit (siehe Abbildungen 1-3).
Abbildungen 1-3: Zeitverlauf 2008 – 2014 für Beteiligungsquote, Anzahl der Ideen, Einsparung (Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Siemens AG)
N: Glauben Sie denn, dass man dauerhaft immer noch höhere Einsparungen erzielen könnte, wenn man die Beteiligungs- und Vorschlagsquoten nur stark genug erhöht?
B: Ich halte es für unsinnig – wenn nicht sogar schädlich – bei den Beteiligungs- und Vorschlagsquoten zu „überziehen“. Tatsächlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass das vorhandene Einsparungspotential nach Überschreitung der „kritischen Schwelle“ im wesentlichen ausgeschöpft wird. Noch mehr Ideen bringen dann zwar immer noch mehr Verbesserungen – aber nicht zwangsläufig noch höhere errechnete Einsparungen.
N: Dann versuche ich mal, unstrittige Punkte festzuhalten:
- Hohe Einsparungen pro Mitarbeiter kann es auch in Unternehmen mit wenigen Vorschlägen pro Mitarbeiter geben. Wie dauerhaft – das lässt sich nur für jedes Unternehmen einzeln verfolgen.
- Wenn die Anzahl der Vorschläge pro Mitarbeiter unter eine „kritische Schwelle“ sinkt, steigt allerdings das Risiko, dass vorhandene Einsparpotentiale nicht mehr ausgeschöpft werden.
- Wenn die Anzahl der Vorschläge pro Mitarbeiter eine „kritische Schwelle“ überstiegen hat, führt eine weitere Steigerung der Anzahl der Vorschläge pro Mitarbeiter nicht notwendigerweise zu einer weiteren dauerhaften Erhöhung der Einsparung pro Mitarbeiter.
- Wo die „kritische Schwelle“ liegt und wie groß das Einsparpotential ist, hängt vor allem von Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens ab.
- Eine große Anzahl von Vorschlägen pro Mitarbeiter ist kein Garant für eine hohe Einsparung pro Mitarbeiter – nach unseren gemeinsamen Erfahrungen aber die beste Möglichkeit, stabil auf hohe Einsparungen hinzuwirken. Trotzdem gilt auch: Selbst in Unternehmen mit dauerhaft vielen Vorschlägen pro Mitarbeiter kann die Einsparung pro Mitarbeiter dauerhaft gering sein.
B: Ja, dem kann ich so zustimmen, das deckt sich mit meiner Sicht der Dinge. Sie müssten dann Ihre These nur noch wie folgt ergänzen:
- »Eine Erklärung dieser Beobachtung könnte sein, dass das Potential für Einsparungen vor allem von Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens abhängt, während das tatsächliche Ausschöpfen dieses Potentials (über den Kanal des Ideenmanagements) eine Frage des „Zufalls“ und anderer Faktoren Die Chancen auf solche „Zufälle“ sind oberhalb einer „kritischen Schwelle“ von der Anzahl der Vorschläge weitgehend unabhängig, während sie unterhalb der „kritischen Schwelle“ stark sinken. Wo diese „kritische Schwelle“ liegt, hängt vom jeweiligen Unternehmen ab.«
N: Einverstanden! Und es bleibt eine Frage für zukünftige Blogbeiträge, was neben „kritischen Schwellen“ und engagierten Unternehmensleitungen sonst noch eine Rolle für die Höhe von Einsparungen spielt.
Diskutieren Sie mit: Wir freuen uns auf Ihre Email mit Erfahrungen und Erkenntnissen zu Einflussfaktoren auf die Einsparungsgründe!
Anmerkung der Redaktion: Dieser Blogbeitrag entstand infolge einer Diskussion zwischen Magnus Brückner und Dr. Hartmut Neckel über Einflussfaktoren auf die Höhe der Einsparung.
Zum Autorenteam:
Magnus Brückner, Siemens: Magnus Brückner, geboren 29.03.1969, lebt mit seiner Familie in der Nähe von Coburg in Oberfranken. Nach der kaufmännischen Ausbildung und dem berufsbegleitendem BWL-Studium war er fast 10 Jahre in Vertriebsfunktionen tätig. Seit Anfang 2001 ist er in verschiedenen Funktionen bei Siemens beschäftigt – u.a. als kaufmännischer Ausbildungsleiter, Weiterbildungsbeauftragter, Ideenmanager. Das Ideenmanagement des Energiebereiches hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.
Kontakt: magnus.brueckner@siemens.com
rtriebsfunktionen tätig. Seit Anfang 2001 ist er in verschiedenen Funktionen bei Siemens beschäftigt – u.a. als kaufmännischer Ausbildungsleiter, Weiterbildungsbeauftragter, Ideenmanager. Das Ideenmanagement des Energiebereiches hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.
Dr. Hartmut Neckel ist einer der profiliertesten Vordenker und erfahrensten Praktiker im Themenbereich Ideenmanagement, Innovation und kontinuierliche Verbesserungsprozesse. Mehr erfahren Sie über: www.hartmut-neckel.de
Kontakt: kontakt@hartmut-neckel.de