Ein „erfolgreiches“ Ideenmanagement ist in der Regel über funktionale Schnittstellen mit anderen Management- und Führungssystemen des Unternehmens verzahnt. Es kann seine Kernkompetenzen als interne Consulting-Abteilung oder als Business Partner für die unterschiedlichsten Aufgaben einbringen, bei denen es um das Erreichen und die Einbindung einer größeren Anzahl von Mitarbeitern, die Mobilisierung von Kreativität und Engagement oder das Management einer großen und heterogenen Menge von Beiträgen geht.
Im Blogbeitrag vom 13.10.2020 haben wir den Erfolgsfaktor „Flexibilität“ im Methodeneinsatz und Zusammenwirken mit Verbesserungsinitiativen aller Art beschrieben. Dabei haben wir alle Verbesserungsinitiativen insofern „in einen Topf geworfen“, als wir sie primär unter der Gemeinsamkeit betrachtet haben, auf Verbesserungen zu zielen. Dem entspricht das Bild des „Melting Pots“ (im Blogbeitrag vom 14.02.2020).
Im Unterschied zu solchen Initiativen gibt es in allen Unternehmen eine Vielzahl von eigenständigen Handlungsfeldern, die jeweils ihre ganz spezifische Aufgabenstellung, Thematik und Methodik haben. Viele dieser Handlungsfelder sind einzelnen Abteilungen, Stellen und speziellen Zuständigkeiten zugeordnet. Beispiele reichen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsmanagement über Innovationsmanagement, Shopfloor Management und Qualitätsmanagement bis zu Personalmanagement.
Auch in diesen Feldern werden selbstverständlich Verbesserungen angestrebt, und eine natürliche Funktion des Ideenmanagements besteht stets auch darin, Vorschläge zu entsprechenden Themen voranzubringen – aber es wäre sicherlich nicht angebracht, bei diesen Handlungsfeldern von „Verbesserungsinitiativen“ zu sprechen.
Als zweiten „Erfolgsfaktor“ für das Ideenmanagement beschreiben wir hier die vielfältigen Möglichkeiten für Kooperationen mit entsprechenden anderen Management- und Führungssystemen. Häufig hat das Ideenmanagement in solchen Kooperationen die Rolle eines Dienstleisters, der seine Methodenkompetenzen (z.B. zur Durchführung von Kampagnen, siehe Blogbeitrag vom 09.04.2020) zur Verfügung stellt. Klar definierte Schnittstellen tragen dazu bei, dass Ergebnisse geteilt und Synergiepotentiale genutzt werden können. Je intensiver und systematischer die Kooperationen gestaltet werden, desto häufiger kommt es zu Win-win-Situationen.
Qualitätsmanagement: Das Ideenmanagement ist ein integrierter Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems. Die Dokumentation von Veränderungsprozessen, wie sie im Ideenmanagement automatisch erfolgt, ist ein wesentliches Anliegen auch des Qualitätsmanagements. Dazu gehört nicht zuletzt, dass Störungsmeldungen und Verbesserungsvorschläge gleichermaßen erfasst und nachverfolgt werden. Weitere Möglichkeiten zur Verzahnung sind beispielsweise:
Shopfloor Management, Produktivität: Neben Meldungen sind Shopfloor Meetings eine wichtige Plattform für die Thematisierung von Hemmnissen und Problemen, die beseitigt bzw. vermieden werden müssen, um (Produktions-)Ziele erreichen zu können. Möglichkeiten zur Verzahnung sind beispielsweise:
Personalentwicklung: Personalentwicklung wird im Alltag vor allem von den Führungskräften getragen, die mit ihrem Feedback an die Mitarbeiter deren Entwicklung fördern (oder hemmen). Die „Abteilung Personalentwicklung“ zielt daher immer auch darauf, ein entsprechendes Führungsverhalten zu stärken, so dass sich hier Personalentwicklung und Ideenmanagement wechselseitig unterstützen. Möglichkeiten zur Verzahnung sind beispielsweise:
Im Folgenden veranschaulichen wir derartige Möglichkeiten an Best Practice Beispielen für Kooperationen mit „Arbeitssicherheit“ und „Innovationsmanagement“. Weitere Praxisbeispiele für Kampagnen, die ein Ideenmanagement in Kooperation mit anderen Bereichen durchgeführt hat, wurden bereits im letzten Blogbeitrag am 29.10.2020 vorgestellt.
thyssenkrupp: Das Ideenmanagement unterstützt die Arbeitssicherheit u.a. mit der Durchführung von „Boxenstopps“ und „Ideenwettbewerben“.
„Boxenstopps“ finden seit 2017 als zweitägige Workshops statt, bei denen Probleme identifiziert und gemeinsam mit den Mitarbeitern Lösungen entwickelt werden. 2019 wurde ein Boxenstopp erstmals auch in der Zentrale in Essen durchgeführt. Im Fokus stand die Personalabteilung. Das Ideenmanagement hatte dabei eine beratende und unterstützende Funktion.
Abbildung 1: Ankündigung des Ideenwettbewerbs zur Vermeidung von Hand- und Armverletzungen [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der thyssenkrupp Materials Services GmbH]
Während der dreimonatigen Laufzeit des Wettbewerbs wurden ca. 150 gute Ideen eingereicht. Vier Ideen wurden mit dem Präventionspreis der BGHW „Die goldene Hand“ ausgezeichnet (und gewannen damit vier von insgesamt sieben „goldenen Händen“).
Im Jahr 2019 wurde der Wettbewerb auf 30 Länder ausgeweitet. Dafür wurden Vorlagen für Poster, Postkarten (zum Aufschreiben der Ideen), Postkästen (zum Sammeln der Karten) und diverse Kommunikationskanäle (Newsletter, Informationsseiten im Intranet) in 21 Sprachen bereitgestellt (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Kommunikationsmaterial für die internationale Ausweitung des Ideenwettbewerbs zur Vermeidung von Hand- und Armverletzungen [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der thyssenkrupp Materials Services GmbH]
Auch für 2021 ist wieder ein Ideenwettbewerb geplant. Der erste Platz soll durch einen zusätzlichen Award besonders hervorgehoben werden.
VDM Metals: Für das Ideenmanagement und das Innovationsmanagement im Bereich Forschung & Entwicklung wurde eine gemeinsame Startseite geschaffen, auf der zunächst alle Ideen eingegeben werden („1-door-approach“).
Die Auswahl des genutzten Managementprozesses (d.h. des weiteren Bearbeitungsweges) erfolgt, indem ein Ideenmanager sich manuell / intellektuell mit jedem Vorschlag befasst und anhand festgelegter Rahmenbedingungen entscheidet, ob die Idee in den Innovationsmanagementprozess einzusteuern ist – dann leitet er sie an den Innovationsmanager im FuE-Bereich weiter – oder ob die Idee im Ideenmanagement zu bearbeiten ist – dann weist er sie dem zuständigen Gutachter zu (siehe Abbildung 3).
Die weitere Bearbeitung einer Innovationsidee erfolgt mit den Methoden des klassischen Projektmanagements. Über Projektstart, Weiterverfolgung oder Projektabbruch entscheidet das FuE-Team.
Abbildung 3: Beispiel für die Verknüpfung von Ideen- und Innovationsmanagement [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der VDM Metals GmbH]
Windmöller & Hölscher: Aus der Strategie „Exzellenz 2025“ wurde ein Projekt zur Gestaltung des Innovationsmanagements als Teil des Sollportfoliomanagementprozesses abgeleitet. Das Innovationsmanagement soll die methodische, weltweite Ideengenerierung fördern. Dabei liegt der Fokus auf Ideen für Produktweiterentwicklungen, für neue Produkte und für neue Geschäftsfelder.
Lesen Sie auch die bereits veröffentlichten Beiträge:
• „3x3 Erfolgsfaktoren des Ideenmanagements – ein Überblick“ am 16.09.2020
• „Erfolgsfaktor 1/9 – Prozess: Flexibilität“ am 13.10.2020
Gern können Sie diesen Blogbeitrag mit einem Best Practice Beispiel aus Ihrem Unternehmen ergänzen. Bitte nehmen Sie bei Interesse Kontakt mit Dr. Hartmut Neckel auf.
Hinweis: Die Identifikation und Beschreibung der „Erfolgsfaktoren“ basiert auf einem von Magnus Brückner (Siemens Energy) entwickelten Trainingskonzept für Führungskräfte, das wir für diese Serie von Blogbeiträgen u.a. im Expertenkreis „Globales Ideenmanagement“ gemeinsam weiter ausgearbeitet haben. An diesem Blogbeitrag wirkten als Co-Autoren insbesondere mit: Michael Baar (VDM Metals GmbH), Dr. Kai Lügger (Windmöller & Hölscher KG), André Morfeld (thyssenkrupp Materials Services GmbH).