Ein „erfolgreiches“ Ideenmanagement lebt nicht nur vom Know-how der Ideenmanager. Es beruht vor allem darauf, dass auch die Führungskräfte und das Management wissen und umsetzen können, was im und mit dem Ideenmanagement möglich ist, was ihre Rolle in diesem Prozess ist und wie man Ideenmanagement am besten zur Erreichung gemeinsamer Ziele nutzt. Nicht zuletzt ist es erfolgsfördernd, wenn die Mitarbeiter – als „Hauptpersonen“ im Ideenmanagement – wissen, was das Ideenmanagement ihnen bietet und wie sie sich dort einbringen können.

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Wissen zu vermitteln und Können zu trainieren, erfordert zunächst vor allem die Ressource „Zeit“ – Zeit, die man allerdings dank dem „Gewusst-wie“ bald wieder hereinholt! Ein „erfolgreiches“ Ideenmanagement beruht auch darauf, dass alle Akteure mit den relevanten Konzepten vertraut sind und die benötigten Methoden handhaben können. Es geht daher meistens einher mit regelmäßigen, verbindlichen und organisationsweiten Trainings und Informationen.

Themenfelder, bei denen es besonders wichtig ist, im Bilde zu sein und sein Werkzeug zu beherrschen (weil es sonst zu erheblichen Reibungs- und damit Zeitverlusten kommt), sind nach unserer Erfahrung:

  • Was ist als Vorschlag im Ideenmanagement „erlaubt“ und geeignet? Ewige Diskussionen zur Abgrenzung von (prämienberechtigten) Vorschlägen zur Arbeitsaufgabe oder gegenüber Mängelhinweisen sind klassische Erfolgsbremsen für das Ideenmanagement.
  • Wie funktionieren die Wertberechnung und die Prämierung erfolgreicher Vorschläge? Während die sachliche Beurteilung einer Idee meist ureigenes Metier der Führungskräfte und Gutachter ist und damit schnell erledigt werden kann, ist die Prämierung ohne vorheriges Training oft eine als lästig (weil schwierig) empfundene Hürde – Bearbeitungsstaus sind die Folge.
  • Wie funktioniert das Ideenmanagement im Zusammenspiel mit Lean- und anderen Produktivitäts- oder Optimierungs-Initiativen? Verwirrung darüber, welcher der zur Auswahl stehenden Kanäle nun „richtig“ ist, wirkt schnell abschreckend und hält davon ab, überhaupt aktiv zu werden.

Solches Wissen wird kaum durch Standardschulungen vermittelt. Es muss auf den jeweiligen Standort bezogen aufbereitet und in effektiven Formaten lokal angeboten werden. Gleichwohl sollten dabei auch die Möglichkeiten zur Kooperation mit der Personal- und Führungskräfteentwicklung genutzt werden, wie sie in den Blogbeiträgen „Erfolgsfaktor 2/9 – Prozess: Kooperation“ am 13.11.2020 und „Ideenmanagement und Personalabteilung als Bündnispartner“ am 30.08.2021 sowie in Kapitel 3.6 der „Toolbox Ideenmanagement“ beschrieben wurden.

Praxisbeispiele

Siemens Energy: Verschiedene Standorte und Geschäftsbereiche haben verschiedene Programme entwickelt:

  • Der Standort Weiz veranstaltet für alle Mitarbeiter jährlich einen sogenannten „Ideentag“. Die Workshops bieten Raum und Zeit, um neue Ideen zu entwickeln und einzusammeln.
  • Am Standort Cham nehmen einmal im Jahr alle Führungskräfte an ca. zweistündigen sogenannten „3i Hausmessen“ teil und erhalten so durch Vorträge und praktische Übungen aktuelles 3i Wissen.
  • An vielen Standorten werden sogenannte „3i Updates“ für Führungskräfte angeboten. Vor Ort werden in ca. 1,5 Stunden 3i Basiswissen und wichtige Schritte zur Erstellung von 3i Entscheidungen vermittelt.

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Abbildung 1: „3i Update“ für Führungskräfte [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Siemens Energy SE]

Claas: Eine Broschüre „Für Bessermacher. Tipps und Tricks & Platz für Deine Ideen“ kombiniert die Funktionen eines Notizhefts mit zahlreichen Anleitungen und Checklisten, die Mitarbeiter beim Entwickeln und Einreichen von Ideen unterstützen. Abbildung 2 zeigt einige Auszüge.

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Abbildung 2: Titelblatt und einige Seiten der Broschüre „Für Bessermacher.“ [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH]

Deutsche Post DHL: Das Ideenmanagement ist in den Fortbildungsprogrammen „Certified“ für alle Mitarbeiter mit einem eigenen Modul „Lösungsfinder“ fest verankert. In insgesamt sechs Videofilmen werden Beispiele aus dem Ideenmanagement vorgestellt. Beispielsweise kommt ein Zusteller zu Wort, der zum Mitmachen motiviert und von seiner Idee erzählt, wie teures Papier für mobile Drucker eingespart werden kann, indem der Platz- und damit Papierbedarf für Benachrichtigungsschreiben reduziert wird.

Eine andere Anwendung von Videos sind sogenannte „How-to-Videos“, die vom Ideenmanagement erstellt wurden, um Einreichern und Entscheidern bei der Nutzung der Ideenmanagement-Software „YourIdea“ zu helfen. Vorbild war die im IT-Bereich bereits entstandene umfangreiche Bibliothek mit „How-to-Videos“, die analog einer FAQ-Liste kurze Anleitungen für häufig angefragte IT-Anwendungen geben.

  • Das Aufnahmetool filmt den Bildschirm ab, während man dort die Eingaben und Klicks ausführt, die man den Nutzern des Videos vorführen und erklären möchte.
  • Eine Tonspur kann parallel während der Filmaufnahme oder noch nachträglich besprochen werden (oder auch gar nicht). Sprachliche Erläuterungen sind um so wichtiger, je komplexer das Thema ist.
  • Anstelle von gesprochener Stimme können Erläuterungen auch in Textfeldern gegeben werden (dann muss ausreichend Zeit zum Lesen gegeben werden); in einer Fußzeile können Untertitel in der jeweiligen Landessprache angezeigt werden.
  • Vielfältige Editier-Werkzeuge ermöglichen es, einzelne Elemente auf dem jeweils gezeigten Bildschirm hervorzuheben (z.B. Einrahmung, Pfeile, u.ä.).

Die Videos sind in die Online-Hilfen für „YourIdea“ integriert. Dort befinden sich auch mit „Help+Manual“ (von EC Software GmbH, Salzburg) erstellte Hilfen, die ausgedruckt oder als PDF-, Word- oder HTML-Dateien exportiert werden können.

Die Nennung der folgenden Produkte bzw. Hersteller stellt keine Empfehlung dar, sondern dient lediglich der beispielhaften Veranschaulichung:

  • Aufnahmetools: Camtasia, Capture Fox, Microsoft Expression Encoder, QuickTime Player, VLC Media Player, DU Recorder (für Smartphone)
  • Filmschneidetools: DaVinci Resolve, VideoPad Video Editor, Windows MovieMaker
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Abbildung 3: Screenshot eines Vorschaubilds für ein mit Camtasia erstelltes Lernvideo zur Nutzung der Ideenmanagement-Software „YourIdea“ [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Deutsche Post DHL Group]

Lufthansa Technik: Ähnlich wie im „Spiel des Lebens“ der Lebenslauf auf der Spielfläche dargestellt wird, wurde der prozessuale Ablauf („Lebenslauf“) eines Vorschlags auf dem Weg vom Entwurf bis zum Abschluss auf dem Spielfeld abgebildet. Das Spiel wird (in „Nicht-Corona-Zeiten“) genutzt, um Führungskräften den Prozess und ihre damit verbundenen Aufgaben und Rollen interaktiv nahezubringen. Die Spieldauer beträgt ca. 2 Stunden, mit begleitender Präsentation und Diskussion 3 Stunden.

  • Zur Förderung der Akzeptanz wird der Begriff „Simulation“ (statt „Spiel“) genutzt.
  • Gespielt wird mit einem Spielstein, der von Station zu Station wandert. Jedem Teilnehmer ist ein Avatar zugeordnet, der seiner Rolle entspricht.
  • Für jede mögliche Rolle (Einreicher, Umsetzungsentscheider, Fachlicher Gutachter, Wirtschaftlicher Gutachter, Umsetzungsbeauftragter, Ideenmanager, Koordinator, Coach, Geschäftsleitungsvertreter, Mitarbeitervertreter, Schiedsstelle) gibt es einen Satz entsprechender Karten, auf denen Tätigkeiten bzw. Aufgaben stehen, die in dieser Rolle auszuführen sind. Ein Teilaspekt der Übung besteht darin, gemeinsam zu erarbeiten, die Karten in eine jeweils sinnvolle Reihenfolge und zum passenden Zeitpunkt zum Einsatz zu bringen.
  • Die Simulation kann in zwei verschiedenen Levels durchlaufen werden: im Basis-Level geht es um den Standardprozess, im fortgeschrittenen Level kommt noch der Einspruchsprozess hinzu.

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Abbildung 4: Anleitung für die Simulation des „innovation universe“ mit Abbildung des Spielfelds. [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Lufthansa Technik AG]

Auszubildende nehmen bereits in der Einstiegswoche an Schulungen zum Ideenmanagement teil und werden zum Mitmachen motiviert. Höhepunkt im weiteren Verlauf der Ausbildung ist dann der „Young Minds Day“, an dem Ideen von Azubis gekürt werden, zu deren Ausarbeitung sie zuvor ein halbes Jahr Zeit hatten. Bei der Auswahl zählen andere Kriterien (z.B. auch Art der Präsentation, Engagement) als bei der Zulassung zum Ideenmanagement. Die Aktivitäten des Ideenmanagements mit den Azubis werden auch genutzt, um die „Arbeitgebermarke“ als attraktiver Ausbildungsbetrieb zu kommunizieren.

Andere Unternehmen fördern ebenfalls gezielt die Teilnahme von Auszubildenden im Ideenmanagement, etwa die VDM Metals GmbH mit einem jährlich vom Ideenmanagement veranstalteten „Azubi-Tag“ oder die ZF Friedrichshafen AG mit Ideenmanagement-Schulungen am Ende des ersten Ausbildungsquartals (der Zeitabstand zur Einstiegswoche soll eine „Überfrachtung“ in den ersten Tagen vermeiden).

Ein Praxisbeispiel für die Vermittlung von Methodenkompetenz in den Themenfeldern „Kreativität“ und „Verbesserung“ durch das Ideenmanagement hatten wir im Blogbeitrag zum „Erfolgsfaktor 1/9 – Prozess: Flexibilität“ am 13.10.2020 vorgestellt.

Lesen Sie auch die Beiträge zu anderen Erfolgsfaktoren:

Gern können Sie diesen Blogbeitrag mit einem Best Practice Beispiel aus Ihrem Unternehmen ergänzen. Bitte nehmen Sie bei Interesse Kontakt mit Dr. Hartmut Neckel auf.

Alle Erwähnungen von Produkten und Unternehmen sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

 

Hinweis: Die Identifikation und Beschreibung der „Erfolgsfaktoren“ basiert auf einem von Magnus Brückner (Siemens Energy) entwickelten Trainingskonzept für Führungskräfte, das wir für diese Serie von Blogbeiträgen u.a. im Expertenkreis „Globales Ideenmanagement“ gemeinsam weiter ausgearbeitet haben. An diesem Blogbeitrag wirkten als Co-Autoren insbesondere mit: Michael Baar (VDM Metals GmbH), Magnus Brückner (Siemens Energy), Thomas Dierker und Kerstin Ulbricht (Deutsche Post DHL Group), Michael Hartlieb (CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH), Oliver Reichel-Busch (Lufthansa Technik AG), Robert Vasarhelji (ZF Friedrichshafen AG).


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