Unabhängig davon, wie die gedankliche Vorstellung aussieht, die man sich vom „Geschäft“ des Ideenmanagements macht – stets besteht eine zentrale Herausforderung in der Schaffung und Beschreibung des Nutzens bzw. des Werts, den das Ideenmanagement den beteiligten Interessengruppen bietet, bieten könnte oder bieten sollte. Nachdem in früheren Blogbeiträgen die Nutzenversprechen jeweils separat für das Unternehmen, für die Mitarbeiter und für die Entscheider bzw. Gutachter im Mittelpunkt standen, geben wir hier einen zusammenfassenden Überblick über die Wertangebote des Ideenmanagements für seine verschiedenen „Stakeholder“.
Die Nutzenversprechen für die „Stakeholder“ des Ideenmanagements
Das „Geschäft“ des Ideenmanagements hängt von drei wesentlichen Gruppen ab: den „Mitarbeitern bzw. Einreichern“, dem „Unternehmen“ (meist repräsentiert durch die Unternehmensleitung bzw. das Top-Management) und den Fach- und Führungskräften in ihren Rollen als „Entscheider“ und „Gutachter“.
- Nachgeordnet könnte man auch die „Umsetzer“ als eigene betroffene und beteiligte Gruppe betrachten; ebenso Fach- und Führungskräfte, die nicht als Gutachter oder Entscheider benannt wurden, als weitere Partner (z.B. für Information und Motivation). Wenn es jedoch gelungen ist, die für „Entscheidungen“ und „Gutachten“ verantwortlichen Personen vom Wertangebot des Ideenmanagements zu überzeugen, ist die Mitwirkung weiterer Gruppen meist kein Problem mehr.
Eine lesenswerte Auseinandersetzung mit dem „Geschäftsmodell“ und den „Kunden“ des Ideenmanagements findet sich in der Veröffentlichung „Wer sind die Kunden des BVW?“ von Peter Koblank (EUREKA impulse 10/2007). Eine Anwendung der Konzepte von Osterwalder und Pigneur auf das Ideenmanagement unternahmen jüngst Andrea Badura und Johanna Fuchs in ihrem Artikel in der Zeitschrift für Ideen- und Innovationsmanagement 04.21 „Ideenmanagement als Business Model: Die Value Proposition“ für die Zielgruppen der „Einreicher“ und der „Gutachter“. Im Folgenden erweitern wir diese Betrachtung, indem wir das „Unternehmen“ als Zielgruppe hinzunehmen und die Zielgruppe der „Gutachter“ um die „Entscheider“ ergänzen.
Das Wertangebot für Mitarbeiter bzw. Einreicher
Ideenmanagement „lebt“ von der Mitwirkung der Mitarbeiter – sie sind es, die die Ideen beisteuern! Vorschläge einzureichen, könnte man als den (wohlgemerkt freiwilligen!) „Job“ der Mitarbeiter bezeichnen. Für den Erfolg eines Ideenmanagements ist daher wesentlich, dass die Mitarbeiter einen Nutzen ihrer Beteiligung für sich erkennen und wertschätzen.Wie sich dementsprechend der „Nutzen des Ideenmanagements für Mitarbeiter“ gestalten und kommunizieren lässt, wurde bereits im Blogbeitrag vom 25.10.2021 ausführlich beschrieben. Daher stellen wir in der folgenden Übersicht den Wertangeboten für Mitarbeiter bzw. Einreicher nur die entsprechenden Ansprüche und Erwartungen gegenüber:
Das Wertangebot für Fach- und Führungskräfte
Wie gut ein Ideenmanagement funktioniert (und wie attraktiv es demzufolge für potentielle Einreicher ist), wird daher maßgeblich von der Mitwirkung der Fach- und Führungskräfte in ihren Rollen als Gutachter und Entscheider (ggf. auch als „Anwalt“, „Promotor“, „Koordinator“ oder „Prozessverantwortlicher“) beeinflusst. Von den begutachtenden und entscheidenden Fach- und Führungskräften hängt ab, …
- … wie schnell Vorschläge bearbeitet und umgesetzt werden (heißt: wie lange Einreicher auf Feedback und Verbesserungen warten müssen);
- … wie verständlich, nachvollziehbar und motivationserhaltend Begründungen für Ablehnungen erklärt werden (heißt: wie frustriert oder motiviert Einreicher auf eine Ablehnung reagieren).
Im Blogbeitrag zum „Nutzen des Ideenmanagements für Mitarbeiter“ war bereits erwähnt worden, dass Differenzen zwischen dem Nutzenversprechen und den Ansprüchen der Mitarbeiter bzw. Einreicher meist auf Faktoren zurückgehen, die im Wesentlichen von der Performance der Gutachter und Entscheider abhängen. In der Praxis ist das geringe Engagement mancher Fach- und Führungskräfte, Vorschläge zeitnah zu bearbeiten, eine typische und eine der unerquicklichsten „Baustellen“ von Ideenmanagerinnen und Ideenmanagern.
Für den Erfolg eines Ideenmanagements kommt es somit darauf an, dass die für die Bearbeitungsprozesse zuständigen Personen einen Nutzen ihrer Mitwirkung für sich erkennen und wertschätzen.
In vorangegangenen Beiträgen hatten wir bereits den „Nutzen des Ideenmanagements für Entscheider“ und den „Nutzen des Ideenmanagements für Gutachter & Co.“ ausführlich beschrieben – wobei sich das „Co.“ auf Führungskräfte bezog, die (wie etwa im sogenannten „Vorgesetztenmodell“) eine Rolle im Managementprozess von Ideen ihrer Mitarbeiter übertragen bekommen haben, ohne selbst Entscheider oder Gutachter zu sein. Daher stellen wir in der folgenden Übersicht den wichtigsten Wertangeboten für Fach- und Führungskräfte nur nochmals die entsprechenden Ansprüche und Erwartungen gegenüber, die sich je nach Kombination der Rollen als „Entscheider“, „Gutachter“, „Vorgesetzter“ bzw. „Coach“ oder „Prozessverantwortlicher“ ergeben können:
Wertangebot für das Unternehmen
Wenn sich eine Unternehmensleitung entschließt, ein Ideenmanagement zu haben („zu kaufen“), folgt sie selbstverständlich einem unternehmerischen Kalkül: sie möchte dafür einen Gegenwert – einen direkten Nutzen, der mindestens aus wesentlichen Verbesserungen in nennenswertem Umfang besteht, idealerweise aber auch aus errechneten Einsparungen, deren Höhe die Aufwendungen für die gesamten „Zahlungen“ übersteigt.
- Das Wertangebot des Ideenmanagements besteht darin, diesen direkten Nutzen mit vorhandenen Ressourcen zu erzielen (abgesehen vom Ideenmanagement selbst).
Gleichzeitig bietet das Ideenmanagement indirekten Nutzen durch „positive Nebeneffekte“, die das Wertangebot ergänzen. Eine ausführlichere Zusammenstellung der verschiedenen Nutzenaspekte des Ideenmanagements im Sinne einer Argumentations- und „Verkaufshilfe“ gegenüber Unternehmensleitungen finden Sie im Blogbeitrag „Vom Nutzen des Ideenmanagements: Mehr als (nur) Einsparungen!“ vom 26.07.2021. Allerdings würden wohl nur wenige Unternehmen ein Ideenmanagement betreiben, wenn es nur die indirekten Nutzeffekte, nicht aber die direkten gäbe. In der folgenden Kurzübersicht führen wir die wichtigsten Wertangebote nochmals auf und stellen die entsprechenden Ansprüche und Erwartungen gegenüber.
Fazit
Ideenmanagement hat gute Chancen, für alle beteiligten Gruppen eine „Win-win-Situation“ zu schaffen. Während sich der Nutzen für Mitarbeiter und für das Unternehmen relativ straightforward in jeder Organisationsform des Ideenmanagements darstellen und vermitteln lässt, muss bei der Definition von Rollen und Zuständigkeiten und bei der konkreten Ausgestaltung des Workflows besonders darauf geachtet werden, dass auch die Fach- und Führungskräfte – vor allem in ihren Rollen als Gutachter und Entscheider – einen Nutzen für sich erkennen und „einfahren“ können.Dies gelingt beim Entscheider dann am ehesten, wenn er so gewählt wird, dass er gleichzeitig Nutznießer der Idee ist. Die Motivation und das Engagement von Gutachtern und von Entscheidern kann zudem durch Maßnahmen gestärkt werden, mit denen die Sichtbarkeit von schnellen und unterstützenden Gutachten und Entscheidungen sowie von erfolgreich umgesetzten Ideen beim Management erhöht werden.
Lesen Sie auch die anderen Blogbeiträge zu diesem Thema:
- „Vom Nutzen des Ideenmanagements für Unternehmen: Mehr als (nur) Einsparungen!“ vom 26.07.2021
- „Vom Nutzen des Ideenmanagements für Mitarbeiter: Mehr als (nur) Prämien!“ vom 25.10.2021
- „Vom Nutzen des Ideenmanagements für »Entscheider«: Mehr als (nur) Pflichterfüllung!“ vom 14.01.2022
- „Vom Nutzen des Ideenmanagements für »Gutachter & Co.«: Mehr als (nur) Pflichterfüllung!“ vom 26.01.2022
- „Geschäftsmodelle für das Ideenmanagement – Teil 1: Business Model Canvas“ vom 26.11.2021
- „Geschäftsmodelle für das Ideenmanagement – Teil 3: Architektur der Wertschöpfung“ (wird noch veröffentlicht)
Zu den Autoren:
Dr. Hartmut Neckel ist einer der profiliertesten Vordenker und erfahrensten Praktiker im Themenbereich Ideenmanagement, Innovation und kontinuierliche Verbesserungsprozesse. >> Mehr
Kontakt: kontakt@hartmut-neckel.de
Dr. Oliver Reichel-Busch, geb. 1973, lebt mit seiner Familie in Hamburg. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der TU Darmstadt und der Promotion an der TU Berlin startete er seine Karriere im Lufthansa Konzern im Führungskräftenachwuchsprogramm. Nach verschiedenen Stationen u.a. als Produktionsleiter in der Fahrwerksüberholung der Lufthansa Technik AG verantwortet er seit 2019 das Ideenmanagement der Lufthansa Group.
Kontakt: oliver.reichel-busch@lht.dlh.de
rtriebsfunktionen tätig. Seit Anfang 2001 ist er in verschiedenen Funktionen bei Siemens beschäftigt – u.a. als kaufmännischer Ausbildungsleiter, Weiterbildungsbeauftragter, Ideenmanager. Das Ideenmanagement des Energiebereiches hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.