„Am Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2020 haben sich 196 Unternehmen beteiligt“ – abgesehen von den geänderten Zahlen begann genau mit diesem Satz der Bericht zum Kennzahlenvergleich 2019. Doch keine Angst: Dieser Blogbeitrag geht anders weiter! Angesichts der Ausnahmesituation im Jahr 2020 ist es besonders aufschlussreich, eine solide Datenbasis für den Blick über den Tellerrand zu nutzen.
Auf den sich abzeichnenden „Corona-Knick“ in den Vorschlagszahlen hatte ich im Blogbeitrag vom 28.09.2020 hingewiesen. Offenbar hatten die dort erwähnten „schlauen Menschen“ bereits eine Wende zum Besseren bewirken können, auch bevor sie die „böse Hexe Corona wieder vertrieben haben“. Das zeigt zumindest der weitere Verlauf der 2020-er Kurve im zweiten Halbjahr (siehe Abbildung 1).
Ob sich diese Erholung im Jahr 2021 weiter fortsetzt und wann die Vorschlagszahlen wieder auf das Niveau von 2019 und vorher zurückkehren, ist eine offene Frage für die nächsten Kennzahlenvergleiche. Für das Gesamtjahr 2020 jedenfalls verzeichnen die meisten Unternehmen deutliche Rückgänge sowohl der Beteiligungs- als auch der Vorschlags- und Umsetzungsquoten. So verringerten sich der Medianwert der Beteiligungsquote gegenüber 2019 um ca. 30 Prozent, die Medianwerte der Vorschlags- und der Umsetzungsquote sogar um jeweils ca. 40 Prozent.
Demgegenüber sank der Medianwert der Einsparungsquote „nur“ um ca. 20 Prozent. Ob dies mit dem Rückgang der Vorschlagszahlen zusammenhängt (und nur deshalb weniger heftig ist, weil im Jahr 2020 viele Vorschläge umgesetzt wurden, die noch aus dem „Vorrat“ des Jahres 2019 stammen) – oder ob der gleichzeitige Rückgang eher zufällig ist (siehe den Blogbeitrag vom 14.01.2021), lässt sich anhand des Kennzahlenvergleichs nicht beantworten. Man darf aber vermuten, dass viele Unternehmen besonderes Augenmerk auf einsparwirksame Vorschläge gelegt haben. Der Medianwert für die errechnete Einsparung pro umgesetzten Vorschlag stieg um ca. 10 Prozent. Es wird spannend, in den nächsten Jahren zu verfolgen, wie sich die Einsparungsquote im Vergleich zu den Vorschlags- und Umsetzungsquoten entwickelt.
Ebenso interessant wie Veränderungen sind gleichbleibende Werte. So hat sich der Medianwert des Abarbeitungsanteils mit 63 Prozent im Jahr 2020 gegenüber 65 Prozent im Jahr 2019 so gut wie gar nicht geändert. Offenbar blieben die Bearbeitungsprozesse in den meisten Unternehmen so weit stabil, dass die – zumal ja stark reduzierten! – Vorschlagsmengen bewältigt werden konnten.Abbildung 2: Größenverteilung der teilnehmenden Unternehmen
Abbildung 3: Branchen der teilnehmenden Unternehmen
Möglicherweise hat ein angesichts der tiefgreifenden Veränderungen des Jahres 2020 gestiegenes Bedürfnis nach Orientierung zur hohen Beteiligung am Kennzahlenvergleich Ideenmanagement beigetragen. Schließlich ist es ja auch eine wohltuende Solidaritätserfahrung, wenn man sieht, dass es anderen ähnlich erging wie einem selbst. Insofern finde ich es sehr positiv, dass sich kaum ein Unternehmen von der Teilnahme hat abhalten lassen, weil seine Kennzahlen (vermeintlich) „schlechter“ geworden seien…
Stellen wir uns einmal vor, das Ideenmanagement wäre eine „Black Box“, bei der wir nicht recht wissen, wie sie im Inneren funktioniert. Wir haben nur einige Messgeräte, die uns über das Geschehen (z.B. Vorschlagsaktivitäten) informieren und die von der Box erzeugten Ergebnisse anzeigen (z.B. umgesetzte Vorschläge und Einsparungen). Anhand der angezeigten Messwerte wollen wir verstehen, was wir tun können, damit unser Ideenmanagement „erfolgreich“ wird.
Neben den Messgeräten steht uns das Wissen zur Verfügung, dass das Ideenmanagement von seinen Rahmenbedingungen und durch spezielle Maßnahmen beeinflusst werden könnte.
Abbildung 4 zeigt die (hier silber-grau angemalte) „Black Box“ unter dem Einfluss der Rahmenbedingungen und der durchgeführten Maßnahmen.
Abbildung 4: Ideenmanagement als „Black Box“ mit „Messgeräten“ für die Beteiligungsquote [% MA], die Vorschlagsquote [VV/MA], den Umsetzungsanteil [% uVV], die Umsetzungsquote [uVV/MA], den Abarbeitungsanteil [% aVV] und die Einsparungsquote [€/MA]
Der Kennzahlenvergleich Ideenmanagement macht nun nichts anderes, als die Anzeigenwerte von 196 „Black Boxes“ zu vergleichen – im Wissen, das jede dieser Boxes anderen Einflüssen / Rahmenbedingungen / Maßnahmen ausgesetzt ist (die fürs Erste außen vor gelassen werden).
Eine Analyse der Anzeigenwerte lässt dann Strukturen erkennen, die allen Black Boxes (= allen Ideenmanagements = allen Unternehmen) gemeinsam ist.
Abbildung 5 zeigt als Beispiel die Korrelation zwischen Beteiligungs- und Vorschlagsquote.
Abbildung 5: Vorschlagsquote versus Beteiligungsquote: Links als Streudiagramm mit Hervorhebung des „eigenen Unternehmens“ (fiktive Daten), rechts als Boxplotdiagramme für vier nach Beteiligungsquoten eingeteilte Klassen von Unternehmen (Daten aus 2019).
Machen wir uns klar, was das bedeutet:
Oh – jetzt habe ich doch noch einen Satz aus dem Blogbeitrag über die Ergebnisse des Kennzahlenvergleichs 2019 wortgleich wiederholt. Tatsächlich könnte ich das problemlos für viele weitere Aussagen von vor einem Jahr tun.
Das Interessante ist nämlich, dass sich an den Korrelationen zwischen den Kennzahlen der Jahre 2018, 2019 und 2020 kaum etwas geändert hat – obwohl doch die Rahmenbedingungen insgesamt einem extremen Wandel (z.B. durch Corona!) unterworfen waren und sich die absoluten Werte mancher Kennzahlen stark geändert haben (siehe oben: Verringerung wesentlicher Medianwerte um 40 Prozent!).
Bereits vor vielen Jahren wurde versucht, in einem einfachen Schema sichtbar zu machen, welche Wirkmechanismen das Ideenmanagement beeinflussen und wie die zentralen Kenngrößen voneinander abhängen (siehe Abbildung 6). Das diesem Schema zugrundeliegende Modell habe ich im o.g. Blogbeitrag „Kennzahlen im Ideenmanagement – Erfolge messen und steuern“ vom 15.01.2020 ausführlich beschrieben.
Abbildung 6: Abhängigkeiten und Wirkmechanismen im Ideenmanagement (vereinfachte Darstellung; vgl. Läge, Karola (2003). Steuerungssysteme, Controlling und Kennzahlen. In: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft GmbH (Hg.). Erfolgsfaktor Ideenmanagement – Kreativität im Vorschlagswesen. Berlin: Erich Schmidt Verlag)
Bei den grau unterlegten Größen handelt es sich um (ausgewählte) Rahmenbedingungen und Maßnahmen, während die farbig unterlegten Größen den „Anzeigewerten“ der „Messgeräte“ in Abbildung 4 entsprechen.
Dank der im Kennzahlenvergleich Ideenmanagement ermittelten Korrelationskoeffizienten können wir nun die Pfeile in Abbildung 6, die dort lediglich logische Beziehungen markieren, um Aussagen über das Vorhandensein und die Stärke von Korrelationen ergänzen. Das ist in Abbildung 7 gezeigt. Dadurch werden gleichzeitig die Fragezeichen an den Pfeilen zwischen den „Messgeräten“ in Abbildung 4 beantwortet.
Abbildung 7: Korrelationen zwischen Kennzahlen des Ideenmanagements. Die Farbintensität und die Stärke der Umrandungen der flächigen Pfeile geben die Stärke der jeweiligen Korrelation wieder (gemessen am Mittelwert der Korrelationskoeffizienten 2018-2020); die Farbe zeigt, ob die Größen positiv (grün) oder negativ (rot) korrelieren. In den Auswertungen für die Teilnehmer am Kennzahlenvergleich Ideenmanagement sind in diesem Diagramm auch die konkreten Zahlenwerte angegeben (hier nur der Platzhalter „x“). Die Anregung zu dieser Darstellung verdanke ich Dr. Ulrich Stephany (BMW Group).
In Abweichung von Abbildung 6 wurden hier folgende Größen genutzt, um den Bezug zu den „Messgeräten“ aus Abbildung 4 und damit zum Kennzahlenvergleich Ideenmanagement augenfälliger zu machen:
Mit Hilfe der Informationen aus Abbildung 7 könnten wir nun beginnen, Vorgehensweisen zu planen, um durch gezielte Einflussnahmen als Endeffekt beispielsweise eine möglichst große Einsparung zu bewirken. Doch zuvor ist eine Warnung zu beherzigen (ebenfalls als Wiederholung aus dem Bericht von vor einem Jahr): „Eine Korrelation sagt noch nichts über das Vorliegen eines Ursache-Wirkung-Zusammenhangs aus“!
Merken Sie sich bereits jetzt Ihre Teilnahme am „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement“ 2021 vor! Das Datenblatt steht ab November 2021 auf meiner Webseite zum Download bereit, die Datenerfassung läuft im ersten Quartal 2022.