Der Anspruch, dass Ideenmanagement (auch) als Management-, Führungs- und Change Instrument zu nutzen sei, wurde bereits vor vielen Jahren formuliert. Ist das nur der Versuch gewesen, mehr („etwas Besseres“) sein zu wollen als („nur“) ein Verbesserungsinstrument? Die Diskussion dieser Frage mit Managern und Führungskräften gibt Aufschluss über die Vorteile, die das Ideenmanagement zur Bewältigung von typischen Management- und Führungsaufgaben oder zur Unterstützung von Veränderungsprozessen bietet.
Die Unterstützung durch „Macht-Promotoren“ hatten wir im Blogbeitrag vom 27.01.2021 als einen von neun Erfolgsfaktoren für das Ideenmanagement thematisiert. Sie lässt sich um so leichter gewinnen, je mehr es gelingt, nicht nur den Nutzen des Ideenmanagements für das Unternehmen als Ganzes, sondern auch die persönlichen Vorteile für die Verantwortlichen der obersten Leitungsebenen sowie für die Führungsmannschaft insgesamt aufzuzeigen: Über ein Instrument mehr zu verfügen, das bei der Bewältigung der eigenen Aufgaben hilft.
Zunächst gehe ich kurz darauf ein, worum es jeweils bei typischen Management-, Führungs- und Veränderungsprozessen geht und welche anderen Instrumente zur Bewältigung der entsprechenden Aufgaben den Managern, Führungskräften oder „Change Agents“ zur Auswahl stehen. Anschließend ordne ich Anwendungsmöglichkeiten des Ideenmanagements zu, die aus Sicht von Geschäftsführern und Führungskräften am ehesten als nützlich bewertet werden.
- Management und Führung hängen eng miteinander zusammen, bezeichnen aber durchaus verschiedene Funktions- und Aufgabenbereiche. Dementsprechend muss ein „guter“ Manager noch lange keine „gute“ Führungskraft sein, und „Leadership“-Qualitäten gehen nicht automatisch mit hoher Managementkompetenz einher. Gleichwohl haben die meisten Manager und Führungskräfte sowohl Management- als auch Führungsaufgaben, und viele Instrumente lassen sich für beides nutzen.
- Veränderungsprozesse bzw. Change Management werden als eigenständiger Bereich thematisiert. Damit wird ihre besondere Bedeutung und Herausforderung unterstrichen, die daraus resultiert, dass Führung und Management zu großen (und je näher am operativen Geschehen um so größeren) Teilen nicht auf Veränderung, sondern auf Stabilität, Konformität und die Einhaltung von (Qualitäts-)Standards zielen.
Ideenmanagement als Managementinstrument
Beispiele für typische Managementaufgaben sind:
- Strategische Planung: Formulierung der Unternehmensstrategie und Ziel
- Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation: Regelung von Zuständigkeiten, Befugnissen, Verantwortungen; Gestaltung von stabilen, auditier- und evaluierbaren Prozessen (inkl. Informationsflüsse und Kommunikationsstrukturen)
- Ressourcenbeschaffung und -zuteilung: Budgetierung, Finanzplanung und -kontrolle
- [Gestaltung von Entwicklung und Veränderung – siehe unten]
Beispiele für typische Managementinstrumente sind:
- Managementsysteme, Managementhandbücher
- Organigramme, Besprechungsstrukturpläne
- Balanced Scorecards, Kennzahlen-Cockpits
- Benchmarking, SWOT-Analysen, Portfolio-Methoden
In der Bewertung des Ideenmanagements als Managementinstrument steht folgende Funktion an erster Stelle:
- Ideenmanagement ist ein Instrument zur Aktivierung und Nutzbarmachung der Kreativität der Mitarbeiter als wertvolle Ressource (Beitrag zum Ressourcenmanagement), indem es auch spontan entstandene Ideen strukturiert sammelt, sie sichtbar und zum Gegenstand von Erörterung macht – und damit überhaupt erst systematisch nutzbar.
Mit deutlich geringerer Bedeutung werden auch folgende Funktionen erkannt:
- Ideenmanagement bietet einen institutionalisierten Bottom-up-Informationskanal in Ergänzung anderer Kommunikationskanäle (wie Dienstweg, Meetings, Mitarbeiterjahresgespräche, usw.) und stellt ein Kommunikationsforum für relevante Themen bereit.
- Ideenmanagement liefert direkte Beiträge zur Erreichung der Ziele des Unternehmens (z.B. durch Kostenoptimierung und Einsparung, Effizienzsteigerung, Fehler- und Ausschussvermeidung).
- Ideenmanagement liefert Kennzahlen zum Arbeitsklima, zur Beteiligungskultur, zur Identifikation und zum Engagement der Mitarbeiter (als Ergänzung zu Kennzahlen wie z.B. Krankenstand, Fluktuation, Mitarbeiterzufriedenheit aus Befragungen); es hat auch eine Indikatorfunktion und dient als Stimmungsbarometer.
Ideenmanagement als Führungsinstrument
Die meisten Führungsaufgaben lassen sich als „zielorientierte Kommunikation mit Mitarbeitern“ beschreiben. Beispiele für typische Führungsaufgaben sind daher meist Beispiele für verschiedene Kommunikationsthemen und -formate:
- Orientierung und Richtung (vor)geben (das „Big Picture“ vermitteln); Ziele vermitteln und mit Mitarbeitern Ziele vereinbaren
- Mitarbeitern die an sie gerichteten Erwartungen und den Anspruch an deren Arbeit vermitteln
- Feedback geben; erwünschtes Verhalten und Ergebnisse bestärken (Wertschätzung, Anerkennung), unerwünschtes Verhalten und Ergebnisse korrigieren
- Mitarbeiter weiterentwickeln und qualifizieren; Mitdenken und das Verständnis für die Arbeit stärken; Einbeziehung und Mitwirkung fördern
- Entscheidungen fällen und erklären
- Konflikte angehen und klären
Beispiele für typische Führungsinstrumente sind:
- Führungsleitlinien oder -grundsätze
- Regelkommunikation (im Alltag)
- Strukturierte Mitarbeitergespräche
- E-Mail, EDV-gestützter Workflow
- Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, Vorgabedokumente, Formulare, Checklisten
- Stellenfunktionsbeschreibungen, Kompetenzmatrizen, Schulungspläne
Für das Ideenmanagement als Führungsinstrument haben folgende Funktionen Bedeutung (Reihenfolge nach abnehmender Bewertung):
- Ideenmanagement kann zur Zufriedenheit von Mitarbeitern beitragen, indem es Erfolgserlebnisse ermöglicht und Mitarbeitern Mitwirkungsmöglichkeiten (Selbstwirksamkeitserfahrung) gibt.
- Ideenmanagement schafft Anlässe für die Vermittlung von Anerkennung und Wertschätzung.
- Ideenmanagement trägt dazu bei, bei Mitarbeitern Eigeninitiative, Kompetenz und die Aufmerksamkeit für die Arbeit zu stärken, indem es Freiraum für Eigeninitiative in Eigenverantwortung gibt.
- Ideenmanagement fördert die (persönliche) Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Führungskraft.
- Ideenmanagement stärkt die Identifikation mit Arbeit und Unternehmen.
- Ideenmanagement hilft, Mitarbeiter zu qualifizieren und zu fördern (aber auch zu fordern – z.B. bzgl. der Ausarbeitung).
Ideenmanagement als Veränderungsinstrument
Veränderungsaufgaben können sich aus den unterschiedlichsten Anlässen ergeben. Im Folgenden einige Beispiele:
- Umbauten im Unternehmen (kulturell, strukturell/organisatorisch, technisch, räumlich) – z.B. Personalab- oder -aufbau; Verschmelzung von Unternehmen; Einführung neuer Führungsstile oder -instrumente; Umzug in neue Betriebsstätten; neue Arbeitszeit- oder Pausenregeln)
- Generationenwechsel (in der Führung, bei Schlüsselfunktionen)
- Anpassungen an gesellschaftliche Entwicklungen (Anforderungen älterer, jüngerer, weiblicher Generationen; Erfordernisse seitens Gesetze, Grenzwerte, Normen; Erwartungen bzgl. Nachhaltigkeit, Konformität und Compliance)
- Anpassungen an technische Entwicklungen (z.B. E-Mobility, Online-Handel, Industrie 4.0) und entsprechende Veränderungen der Märkte (Kunden, Wettbewerb)
- Anpassungen an neue Kundenanforderungen (z.B. steigende Flexibilität bei Zunahme des Anteils von Kunden mit ständig wechselnden Anforderungen); Wandel vom Zulieferer zum Systemlieferanten
Beispiele für typische Instrumente von Change Management sind:
- Information und Kommunikation (z.B. Betriebsinformation, Veranstaltungen, Gruppen- und Einzelgespräche, Intranet, Newsletter, Aushänge)
- Schulungen, Workshops
- Projekte
- PDCA-Zyklus
- Ideenmanagement senkt die Hemmschwelle für eine aktive Beteiligung an Veränderungen.
- Das Erleben vieler selbst initiierter, kleinschrittiger Veränderungen, wie sie durch Vorschläge bewirkt werden, führt zur Erfahrung, dass Veränderung normal ist. Dadurch stärkt Ideenmanagement die Veränderungsfreundlichkeit der Mitarbeiter und fördert die Akzeptanz für Neues.
- Das ständige Vollziehen von einzelnen Verbesserungsschritten verdeutlicht die Prinzipien des PDCA-Zyklus und trägt zu dessen Verständnis und Etablierung bei.
Abbildung: Anwendungsmöglichkeiten des Ideenmanagements für Management-, Führungs- und Veränderungsprozesse
Fazit: Über den direkten Nutzen in Form von Verbesserungen und Einsparungen hinaus bietet das Ideenmanagement eine Reihe von weiteren nützlichen Funktionen für Management-, Führungs- und Veränderungsprozesse. Auch diese positiven Nebeneffekte gilt es aufzugreifen und zu nutzen!
rtriebsfunktionen tätig. Seit Anfang 2001 ist er in verschiedenen Funktionen bei Siemens beschäftigt – u.a. als kaufmännischer Ausbildungsleiter, Weiterbildungsbeauftragter, Ideenmanager. Das Ideenmanagement des Energiebereiches hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.