In vorangegangenen Blogbeiträgen zum Neuroideenmanagement ging es um Funktionsweisen des Gehirns und um die zugrundeliegenden Strukturen und Abläufe. Als Aufgabe für das interne Marketing ergab sich, mit geeigneten Geschichten und Bildern die „Lust auf Ideen“ zu stärken. In diesem Beitrag skizziere ich kurz einige Möglichkeiten hierfür.

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Dieser Beitrag schließt inhaltlich direkt an den Blogbeitrag vom 28.04.2021 zum „Gehirn als Lustsucher“ an. Dem vorangegangen waren die Beiträge am 15.03.2021 zum „Gehirn als Sozialorgan“ und am 12.02.2021 zum „Gehirn als Wirklichkeitskonstrukteur“.

Geschichten für alle Bedürfnisse und Werte

Anliegen des internen Marketings ist es, das Ideenmanagement einer möglichst großen Anzahl von Personen mit einem positiven Image nahezubringen: Mitarbeiter sollen eigene Ideen einreichen und ggf. die Ideen von anderen Personen voten, kommentieren oder anreichern; Führungskräfte und Gutachter sollen Ideen begutachten, entscheiden und ggf. umsetzen; das Management soll Ressourcen bereitstellen, Support geben und das Ideenmanagement promoten.

Für ein „Neuromarketing“, das die in den eingangs genannten Beiträgen geschilderten Gegebenheiten unserer Gehirne beherzigt, bedeutet das, eine aktive Mitwirkung am Ideenmanagement mit möglichst vielen Motiven und Werten zu verknüpfen, die für verschiedene Menschen wichtig sind – dadurch werden entsprechende Botschaften emotional bedeutsamer, sprechen das limbische System eher positiv an und prägen sich der bewussten Wahrnehmung besser ein. Eine Übersicht häufiger Motive und Werte zeigt die Abbildung 4 im Beitrag vom 28.04.2021.

Tatsächlich lassen sich Geschichten und Bilder für Werte aus jeder der verschiedenen „Areale“ dieser Werte-Karte finden – im Folgenden nur ein paar Stichworte als Anregungen.

Beteiligung am Ideenmanagement steht für:

… Gewinn an Ehre, Status, Stolz
… eigene (mentale) Leistungskraft und Hartnäckigkeit
… eigene Einfluss- und Wirkmöglichkeiten
… Sauberkeit, Ordnung, Effizienz, Funktionalität, Präzision
… Sparsamkeit, Nachhaltigkeit, Natur- und Umweltschutz
… Sicherheit in jeder Hinsicht, Gesundheit, Ergonomie
… Fürsorge für die Gemeinschaft (das Ganze des Unternehmens)
… Zugehörigkeit zur Gruppe (der Akteure)
… Offenheit, Phantasie, Kreativität, Neugier, Abwechslung
… Freiheit und Eigenständigkeit im Denken; Mut zum Verlassen eingefahrener Gleise

Das interne Marketing für das Ideenmanagement sollte all diese Aspekte gleichermaßen berücksichtigen, um möglichst viele verschiedene persönliche und situative Präferenzen anzusprechen. Für jeden Aspekt könnten etwa immer wieder im Sinne des „Storytellings“ Beispiele mit Bildern veröffentlicht werden.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Ob ein Bild tatsächlich immer einen höheren Informationsgehalt hat als tausend Worte, sei dahingestellt. Aber in jedem Fall sagt ein Bild dem Gehirn sehr viel mehr zu als Worte – ganz einfach deshalb, weil es sich für die Wahrnehmung eines Bilds sehr viel weniger anstrengen muss. Bildlich vermittelte Botschaften werden auch ohne bewusste Wahrnehmung direkt „verstanden“, während ein Text erst bewusst gelesen werden muss, um inhaltlich erfasst werden zu können. Daher sprechen Bilder das limbische System unmittelbarer an als Texte, woraus sich ihre Bedeutung für das Marketing ergibt.

Wie das funktioniert, können Sie selbst sofort an den folgenden Abbildungen 1 bis 3 ausprobieren: Welche Abbildung bringen Sie am ehesten mit welchen der oben genannten Werte und Bedürfnisse in Verbindung?

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Abbildung 1-3: Beispiele für Bilder, die unterschiedliche Werte und Bedürfnisse ansprechen (Quelle: Adobe Stock – Man standing: © SFIO CRACHO, Familie: © tunedin, burlesque: © Andrey Kiselev)

Entsprechend Ihrer Antwort auf die voranstehende Frage haben Sie vermutlich auch eine Vorstellung davon, welchen der folgenden Werbesprüche Sie mit welchem Bild kombinieren würden (anstelle des Platzhalters „Neuromarketing für das Ideenmanagement“):

• „Kreative Ideen für originelle Lösungen!“ – Abbildung 1 / 2 / 3 ?
• „Mit Ihren Ideen zum Erfolg!“ – Abbildung 1 / 2 / 3 ?
• „Ihre Ideen für ein gutes Miteinander!“ – Abbildung 1 / 2 / 3 ?

Bei vielen Menschen löst Abbildung 1 am ehesten Assoziationen mit Ehre, Status, Stolz und Leistung aus; Abbildung 2 lässt dagegen eher an Fürsorge und Zugehörigkeit denken; Abbildung 3 schließlich an Offenheit, Phantasie, Kreativität, Neugier und Abwechslung. Wie ein Bild aber letzten Endes tatsächlich wirkt, hängt vor allem von den „Bahnungen“ in den Gehirnen der Betrachter ab. So könnte Bild 1 auch Assoziationen zu Freiheit und Eigenständigkeit im Denken auslösen. Auf „das Gehirn als Assoziationsmaschine“ gehe ich in einem nachfolgenden Blogbeitrag noch näher ein.

Je nachdem, wie positiv (oder negativ) die angesprochenen Werte im Wertesystem eines Menschen besetzt sind, wird er sich von diesen Bildern stärker oder schwächer angesprochen bzw. ggf. auch abgestoßen fühlen – und zwar, ohne dass ihm die Gründe seiner Reaktion stets bewusst werden müssten.

Konsequenzen für das „Interne Marketing“ des Ideenmanagements

Klassische Marketingkonzepte kreisen oft um die „4P“: Produkt, Preis, Platzierung und Promotion. Die „4P“ werden zuweilen um noch mehr „Ps“ erweitert, doch für diesen Beitrag reichen diese vier. Gemeint ist damit jeweils Folgendes:

  • Produkt: Das Produkt mit seiner Funktionalität und seinen Qualitätsmerkmalen, ggf. kombiniert mit Zusatzleistungen (Schulung, Beratung, Service) und der Einbettung in ein Sortiment.
  • Preis: Der Aufwand, der investiert werden muss, um in den Besitz oder Genuss des Produkts zu kommen.
  • Platzierung: Die Zugangs- bzw. Distributionswege, über die man in den Besitz oder Genuss des Produkts kommen kann.
  • Promotion: Maßnahmen und Medien zur Kommunikation, mit denen Zielgruppen über die drei anderen „Ps“ informiert und generell positive Einstellungen zum Produkt und dessen Hersteller bzw. Distributor erzeugt werden sollen.
Ich habe einmal versucht, mit einfachsten Mitteln zu veranschaulichen, was dies im Sinne von Neuroideenmanagement bzw. Neuromarketing für das Ideenmanagement bedeuten könnte (und verstehe dies als Anregung, eigene Darstellungen passend zur jeweiligen Unternehmenskultur zu entwickeln).

Produkt: Das Produkt ist das Ideenmanagement selbst. Niemand hat aber Lust, die üblichen Produktbeschreibungen und Gebrauchsanleitungen (für das Ideenmanagement meist „Betriebsvereinbarung“ oder „Prozessbeschreibung“ genannt) zu lesen. Stattdessen könnte eine simple Visualisierung des „Wertangebots“ eines Ideenmanagements an den Einreicher als „Kunden“ wie in Abbildung 4 aussehen (auf die Fragwürdigkeit, den Begriff „Kunde“ auf Einreicher anzuwenden, gehe ich in einem späteren Beitrag noch ein).

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Abbildung 4: Visualisierung des „Wertangebots“ eines Ideenmanagements an den Einreicher als „Kunden“

Die Einbettung des Ideenmanagements in ein „Sortiment“ war auch Gegenstand in den Blogbeiträgen „Erfolgsfaktor 1/9 – Prozess: Flexibilität“ vom 13.10.2020 und „KVP, Ideen- und Innovationsmanagement – same, same, but different?“ vom 27.11.2020.

Preis: Für seine Beteiligung am Ideenmanagement investiert ein Einreicher einigen „Aufwand“, der in Abbildung 5 visualisiert ist: Er muss sich die Mühe machen, seine zunächst nur in diffusen gedanklichen Vorstellungen bestehende Idee in konkreten Worten zu versprachlichen, und dann muss er die Worte noch irgendwo analog oder digital verschriftlichen. Ein höherer Anspruch an die Werthaltigkeit und Ausarbeitung von Vorschlägen erhöht die Mühe – also den „Preis“, den der Einreicher aufbringen muss. Nicht zuletzt „kostet“ es den Einreicher mehr oder weniger viel Überwindung, das Risiko negativer Gefühle bei einer Ablehnung in Kauf zu nehmen.

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Abbildung 5: Visualisierung des „Aufwands“, den ein Einreicher investieren muss

Platzierung: Ein Produkt wird nie nur für sich allein wahrgenommen, sondern stets auch im Kontext, in dem man es erhält bzw. mit ihm in Kontakt kommt. Wie man sich am „Point of Sale“ bzw. „Point of Purchase“ fühlt, welche Assoziationen man dort hat, beeinflusst, wie das Produkt bewertet wird – und da die Bewertung zuerst im limbischen System erfolgt, hängt genau davon ab, ob es zu einer Annäherung oder einer Vermeidung kommt.

  • Ein Formular auszufüllen, erzeugt und hinterlässt eine andere Erfahrung als etwas auf einem Bierdeckel zu notieren, ins Smartphone einzutippen oder mit Alexa zu sprechen – ganz zu schweigen vom Luxus, Kontakt mit einem realen lebendigen Menschen zu haben…
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Abbildung 6: Beispiele für verschiedene Möglichkeiten, Vorschläge einzureichen – mit entsprechend unterschiedlicher Wirkung auf die emotionale Bewertung des Ideenmanagements (Quellen, u.a.: dib e.V. (Hrsg.), Führungsinstrument Vorschlagswesen, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 1993; Viessmann Climate Solutions SE)

Promotion: Stetige mediale Präsenz bewirkt, dass das Ideenmanagement als „Marke“ einen hohen Wiedererkennungswert bekommt und positiv und sympathisch besetzt ist. Dafür können die oben angeregten Geschichten und Bilder mit Bezug zu verschiedenen Motiven und Werten eingesetzt werden.

Viele Unternehmen geben ihrem Ideenmanagement zudem einen eigenen griffigen Namen und nutzen ein Logo und / oder ein Maskottchen als stark verdichtete Symbolisierung des Gesamtprodukts „Ideenmanagement“. Je häufiger diese Signale wahrgenommen werden – bewusst oder unterschwellig – und die Synapsen für ihre Verarbeitung feuern, desto besser werden die entsprechenden Bahnungen für die Marke im Gehirn gefestigt. Bei jeder Begegnung mit dem Symbol schalten sich dann die entsprechenden neuronalen Aktivierungsmuster auf und man denkt automatisch an das Ideenmanagement.

Eine Fülle von konkreten Anregungen für das interne Marketing, insbesondere für Maßnahmen und Medien zur Promotion, finden Sie in den Abschnitten 4.2.1 bis 4.2.6 in der „Toolbox Ideenmanagement“. Weitere Praxisbeispiele finden Sie auch in den Blogbeiträgen „Inspiration und Anreize für Einreicher – eine Ideensammlung für nichtmonetäre Incentives“ vom 09.07.2020, „Kampagnen, Wettbewerbe und andere Sonderaktionen – Praxisbeispiele“ vom 29.10.2020, „Erfolgsfaktor 4/9 – Commitment: Promotion“ vom 27.01.2021 und „Erfolgsfaktor 8/9 – Ressourcen: Sichtbarkeit und Marketing“ (wird noch veröffentlicht).

 

Lesen Sie auch die Blogbeiträge zum Neuroideenmanagement:

Das Gehirn als Wirklichkeitskonstrukteur“ (veröffentlicht am 12.02.2021)
Das Gehirn als Sozialorgan“ (veröffentlicht am 15.03.2021)
Das Gehirn als Lustsucher“ (veröffentlicht am 28.04.2021)
„Das Gehirn als Assoziationsmaschine“ (wird noch veröffentlicht)

 

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