Provokante Frage zu Beginn: Sie wollen Ihr Unternehmen kontinuierlich verbessern?

Fragen Sie das doch mal in einem Meeting mit Innovationsmanagern oder Mitarbeitern auf C-Level – Sie werden garantiert nicht viele Arme in der Luft sehen. Wir brauchen eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Wer wünscht sich schon ein Unternehmen, in dem die Leute nur mit gesenktem Kopf und innerer Kündigung herumlaufen? Wer würde gerne an einem Ort arbeiten, an dem man sich nicht traut, Dinge auszuprobieren oder zu experimentieren? Und wer würde bei einem Arbeitgeber bleiben, der verlangt, nur das zu tun, was einem gesagt wird – aber den Status quo nicht in Frage stellt?

Was ist eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung?

Wir sollten erst einmal verstehen, was Kultur überhaupt ist.

Am besten starten wir mit der Arbeit des ehemaligen MIT Sloan School of Management-Professors Edgar Schein, einem der führenden Experten für Organisationskultur. Nach Schein ist Kultur ein gemeinsames Muster von Überzeugungen, die unser Verhalten prägen, kurz: "So machen wir das hier".

Scheins Kulturebenen-Modell besagt, dass unsere Überzeugungen und Werte unser Verhalten prägen. Einsamen Eremiten reicht das vielleicht. Wir aber interagieren mit anderen Menschen und entwickeln daher ein Muster gemeinsamer Überzeugungen und kollektiver Werte, das in allgemein anerkannte Verhaltensnormen übergeht. Sie werden eingeübt und verfeinert – bis daraus ein Kulturbegriff entsteht: "So machen wir das hier.“ Durch unsere Verhaltensweisen schaffen wir sichtbare Strukturen und Prozesse – “Artefakte", die unsere Kultur stärken und ihr Ausdruck verleihen. Im Büro werden diese Verhaltensmuster z.B. verstärkt durch Regeln, Methoden, Prozesse, Raumarchitektur und vieles mehr.

Kultur ist also ein Muster aus gemeinsamen Werten und Überzeugungen, das zu gemeinsamen Verhaltensweisen führt.

Und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung ist genau das – die Art von Überzeugungen und Verhaltensweisen, die wir an einem Ort erwarten, an dem Menschen glauben, dass Veränderung, Verbesserung und Innovation essentiell sind.

Die Kultur der kontinuierlichen Verbesserung ist eine Kultur der schrittweisen Innovation: Es geht darum, das zu tun, was man schon tut – nur eben besser.

Smarte Unternehmen versuchen, verschiedene Pipelines und Kanäle für ihre Innovationsreise zu schaffen. Daraus entstehen wiederum große und kleine, inkrementelle und radikale Ideen – und in der Kombination Wertschöpfung.

Warum ist eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung wichtig?

Ganz einfach: Kontinuierliche Verbesserung führt zu Innovation.

Unternehmen wie Pixar oder 3M sind nicht erfolgreich, weil sie Glück haben. Es ist beileibe kein Zufall, dass Pixar immer wieder preisgekrönte Filme abliefert – es ist das Ergebnis tief verankerter Verhaltensmuster, die die Kreativität ihrer Mitarbeiter gezielt nutzen und kanalisieren.

Im Fall von 3M hängt die Fähigkeit zur Erneuerung der riesigen Produktpalette (3M hat heute ca. 55.000 Produkte im Sortiment!) seit über 100 Jahren ganz offensichtlich vor allem von der Arbeitsweise des Unternehmens ab: Sie sorgt bei 3M regelmäßig für inkrementelle Verbesserungen und bringt on top immer wieder bahnbrechende Ideen hervor, die den Fortschritt dokumentieren – vom Klebeband über das Kreppband bis zu den allseits bekannten Post-it-Haftnotizen, um nur einige zu nennen.

Toyota ist eine weitere lange Erfolgsgeschichte, bei der der Wettbewerbsvorsprung auf die starke Kultur der Prozessinnovation zurückzuführen ist. Sie bindet alle Mitarbeiter ein in die kontinuierliche, schrittweise Verbesserung bzw. "Kaizen". Toyota praktiziert das so bereits seit über 50 Jahren. In der Regel erhält das Unternehmen jedes Jahr über 1 Million Vorschläge und setzt die meisten davon um!

Ein weiterer wichtiger konstanter Innovator ist ConocoPhillips, der größte Erdölproduzent Alaskas, der täglich 179.000 Barrel Öl fördert. Über die von HYPE betriebene Website zur Margenverbesserung werden heute mehr als 2.000 Ideen für Initiativen zur kontinuierlichen Verbesserung erfasst. Jedes Jahr führt ConocoPhillips sechs bis acht Kampagnen durch, die über 1.500 Mitarbeiter und Vertragspartner erreichen. Mit diesen Initiativen werden jährlich Cashflow-Verbesserungen in Millionenhöhe erzielt.

Kultur der kontinuierlichen Verbesserung

Sie sehen: Eine Innovationskultur zahlt sich aus. Und wenn es uns mit dem Aufbau einer Innovationskultur wirklich ernst ist, dann müssen wir auch die Zeit und Ressourcen investieren, sie so effektiv wie möglich zu gestalten.

So schaffen Sie eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung

Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung zu etablieren, ist entscheidend für den langfristigen Erfolg und die Nachhaltigkeit jeder Organisation und jedes Unternehmens.

In einer perfekten Welt könnten wir unsere Kultur der kontinuierlichen Verbesserung einfach online ordern: Nur ein Klick – und schon haben wir eine stetig sprudelnde Quelle für Ideen und Innovationen!

Doch leider sieht die Realität etwas anders aus!

Stark verkürzt lässt sich der Begriff der Unternehmenskultur auch umschreiben mit: „So machen wir das hier" – es geht um gemeinsame Verhaltensmuster, die zu Normen werden, nach denen wir leben und arbeiten. Wie Edgar Scheins Modell zeigt, entsteht eine Kultur nicht einfach so, von Zauberhand. Kultur baut sich nur langsam auf – in einem längeren Prozess: einüben, verfeinern, leben. Erst dann wird sie zum magischen Gewebe unserer Organisation und durch Artefakte wie Strukturen, Regeln und Abläufe verstärkt.

In einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung gäbe es Strukturen, mit denen Ideen entwickelt und umgesetzt werden können, die Mehrwert schaffen. Es gäbe Belohnungs- und Anerkennungssysteme, Bewertungsrahmen und Ressourcenplanung, um Innovation zu ermöglichen. Und die Verhaltensweise der Menschen würde ihre gemeinsamen Überzeugungen zu Ideen und Innovation widerspiegeln.

Mit der Zeit würden diese Verhaltensmuster immer mehr zum integralen Bestandteil unseres Denkens und Handelns. Und wenn das gelingt, werden sie sukzessive zur DNA des Unternehmens – fest verankert in allen Prozessen und Abläufen, Regeln und Strukturen.

Der Fachausdruck für diese Verhaltensmuster lautet “Routinen“. Sie ähneln einem genetischen Code, der das Verhalten einer Organisation im Kern ausmacht. Und genau wie die DNA sind diese Routinen spezifisch für eine Organisation – sie spiegeln ihre einzigartige “Persönlichkeit“.

Wie also können wir unsere eigene Kultur der kontinuierlichen Verbesserung aufbauen?

Kulturen entstehen nicht einfach so, von heute auf morgen – sie werden aufgebaut und gefördert. Auf diesem Weg gibt es vier zentrale Schritte: artikulieren, ermöglichen, stärken, überprüfen.

Schauen wir uns einmal jeden dieser Schritte genauer an, los geht’s!

Artikulieren Sie Ihre Werte

Im ersten Schritt sollten wir erst einmal klären, woran wir glauben: Werte, von denen wir möchten, dass andere, die sich uns anschließen, sie teilen. Was für eine Art von Organisation wollen wir sein? Wie wollen wir Innovation angehen? Schauen wir mal, was einige große Innovatoren dazu sagen:

„Innovation ist nicht nur für sogenannte Kreative oder Führungskräfte reserviert – sie ist für alle da."                

- Richard Branson, Gründer der Virgin Group

„Scheitern ist kein notwendiges Übel und überhaupt nicht schlimm – sondern die notwendige Folge, wenn man etwas Neues macht.“                             

- Ed Catmull, Mitgründer von Pixar und ehemaliger Präsident der Walt Disney Animation Studios

„Wer innovativ ist, macht manchmal Fehler. Am besten gibt man sie schnell zu, macht weiter und verbessert die nächsten Ideen."

- Steve Jobs, ehemaliger CEO und Gründer von Apple

Aber lassen wir die Statements dieser Hochkaräter einfach mal so stehen. Sonst besteht die Gefahr, dass sie verpuffen, wie viele andere “Allgemeinplätze“. Wir sollten lieber konkreter über die Verhaltensweisen sprechen, die diese Glaubenssätze stützen: Was wollen wir von unseren Mitarbeitern sehen und hören, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen? Was genau erzählen sie über Erfolg – und Misserfolg – im Hinblick auf Innovation? Und welche Verhaltensweisen untermauern diese Aussagen?

Das weltweit tätige Design- und Innovationsunternehmen IDEO beispielsweise tapeziert die Wände seiner Projekträume mit „friendly reminders“ zu intern wichtigen Verhaltensweisen: Slogans wie "Mehrdeutigkeit akzeptieren", "Aus Misserfolgen lernen" und "Verantwortung übernehmen" findet man in allen Büros weltweit. Jeder Spruch wird durch inhaltlich passende Beispiele und Objekte illustriert und visuell untermauert, die von den Teammitgliedern entwickelt wurden. IDEO hat erkannt, wie wichtig Unternehmenskultur ist und deshalb extra ein Team beauftragt, die Unternehmenskultur zu kodifizieren und in einem Buch für neue Mitarbeiter zu bündeln: "Little Book of IDEO“.

Toyota macht es ähnlich: Die wichtigsten Verhaltensweisen des Unternehmens sind in einem Dokument festgehalten, das jedem neuen Mitarbeiter ausgehändigt wird und in dem der "Toyota Way" beschrieben wird, die grundlegenden Werte und wichtigsten Innovationspraktiken von Toyota.

Lernen und Üben ermöglichen

Im nächsten Schritt geht es darum, Mechanismen zu schaffen, die es Menschen ermöglichen, diese Verhaltensweisen auch richtig zu erlernen und zu praktizieren. Wir könnten sie beispielsweise in bestimmten Fähigkeiten schulen, z. B. in der Problemfindung und -lösung oder im Design Thinking. Wir könnten Strukturen schaffen, die die neuen Verhaltensweisen, wichtige Regeln und Prozesse, erklären und stützen. Und wir könnten eine Plattform etablieren, die Innovation ermöglicht: Wollen wir zum Beispiel High-Involvement Innovation erreichen – eine hohe Beteiligung an und ein starkes Engagement der Mitarbeiter für Innovation – dann ist es sinnvoll, auch technische Möglichkeiten zu haben, mit denen wir Ideen sammeln, teilen und umsetzen können.

Zur Innovationskultur von 3M gehört ein langjähriges Engagement für die "15%-Kultur" – ein Ansatz, der Mitarbeitern Zeit und Raum gibt, eigene Ideen zu entwickeln (das Modell wurde auch erfolgreich von Google übernommen, das einige seiner großen Erfolge wie Gmail darauf zurückführt). Dazu ein Kommentar von Kurt Beinlich, dem technischen Direktor bei 3M: "Das 15%-Programm ist ein wesentlicher Bestandteil der 3M-Kultur und zeichnet uns als innovatives Unternehmen aus. Wir geben jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, seinen Instinkten zu folgen, um Chancen für unser Unternehmen zu nutzen."

Dinge zu hinterfragen, Herausforderungen anzunehmen und zu meistern: Für Pixar sind das alles entscheidende Skills für den kreativen Erfolg. Aber nicht jeder Mitarbeiter mag es oder ist es gewohnt zu sagen, was er denkt. Deshalb ist das Unternehmen auch hier einen eigenen Weg gegangen und hat den "Braintrust" ins Leben gerufen: eine "sichere Zone", in der jeder – unabhängig von Position oder Beschäftigungsdauer – seine Meinung frei äußern und ehrlich Feedback geben kann.

Und manchmal kann auch die physische Umgebung Innovation ermöglichen. Bei Hella, einem der weltweit größten Automobilzulieferer, war es so. Das Unternehmen wollte eine neue Kultur schaffen – mit einer Startup-Mentalität, die es erlaubt, spannende Aufgaben zu lösen, herumzuexperimentieren und mit verrückten Ideen zu spielen. Statt dafür einfach die traditionelle Unternehmenszentrale zu nutzen, hat Hella einen speziellen Innovationsraum eingerichtet – einen Inkubator bzw. ein Labor, in dem die Mitarbeiter sich frei entfalten und kreativ gestalten konnten.

Aber zurück zu Pixar: Eine der wichtigsten Innovationen, die Steve Jobs in seiner Zeit bei Pixar einführte, bestand darin, die Architektur des Gebäudes so zu verändern, dass “kreatives Zusammentreffen“ möglich waren – Menschen begegneten und unterhielten sich. Jobs Ziel: die physische Umgebung vor Ort gezielt so zu nutzen, dass innovative Verhaltensweisen ermöglicht und gefördert werden.

Verstärken Sie die Botschaft

Natürlich ist es hilfreich, wenn Sie sich über Ihre Botschaft im Klaren sind und dafür ein förderliches Umfeld schaffen. Ebenso wichtig: ein Feedback-System, um das gewünschte Verhalten zu verstärken.

Feedback, Belohnungen, Anreize: All das verstärkt Ihre Botschaft und trägt enorm dazu bei, eine Unternehmenskultur dauerhaft zu verankern. Feiern Sie z. B. innovative Leistungen, führen Sie eine "Hall of Fame" ein, zelebrieren Sie Teams und einzelne Personen, die Tolles leisten – und sorgen Sie vor allem dafür, dass Menschen, die Risiken eingehen oder sich außerhalb des erwarteten Rahmens bewegen, nicht bestraft oder diffamiert werden, wenn sie scheitern!

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Überprüfen – Reflektieren – Analysieren

Ständige Wiederholungen funktionieren nicht in einer unsicheren, unberechenbaren Welt. Wenn wir uns also eine dauerhaft lebendige Kultur wünschen, müssen wir sie immer wieder auf den Prüfstand stellen und womöglich auch neu justieren. Kontinuierliche Verbesserungen – Dinge sukzessive zu optimieren und anzupassen – sind aber genauso wichtig.

Wie die Umsetzung konkret im Unternehmensalltag funktioniert, lässt sich zum Beispiel in Startups beobachten, wo schnelles Lernen und rasche Kulturentwicklung an der Tagesordnung sind. Aber auch in alteingesessenen Organisationen, wo das Motto "Dynamik ist Programm" – die Fähigkeit, über Routinen nachzudenken und sie zu ändern – überlebensnotwendig ist.

3M schien es sich beispielsweise zu Beginn dieses Jahrhunderts lange Zeit bequem gemacht zu haben an der Spitze der weltweit innovativsten Unternehmen. Doch im Jahr 2007 musste 3M feststellen, dass seine Top-Position ins Wanken geriet. Es stellte sich heraus, dass das Unternehmen zu viel Wert auf Verhaltensweisen legte, die mit Six Sigma verbunden waren, einer Methode des Qualitätsmanagements. Dabei blieb offenbar die Fähigkeit zur Risikobereitschaft auf der Strecke – was wiederum dazu führte, dass der bis dato stete Fluss bahnbrechender Produkte versiegte. Die Folge war eine konsequente Neuausrichtung – und bis 2010 waren die Dinge bei 3M wieder auf Kurs.

Bei Procter & Gamble erfolgte der Neustart um 1999. Nach mehr als 150 Jahren erfolgreicher Arbeit mit einer Kultur, die interne Stärken und Fähigkeiten in den Fokus stellte, startete das Unternehmen ein ambitioniertes, neues Innovationsmodell: "Connect and Develop“ – „Verbinden und Entwickeln" – und öffnete sich dabei auch einer umfassenden Zusammenarbeit mit externen Akteuren. Die Umstellung dauerte ihre Zeit. Ein wichtiger Lernprozess und die Verankerung neuer Verhaltensweisen waren damit natürlich auch verbunden – und einige veraltete Muster gingen dabei über Bord.

Tipps zur kontinuierlichen Verbesserung

Was denken Sie ist das Wichtigste, wenn es darum geht, eine erfolgreiche Innovationskultur zu entwickeln? Schauen wir uns zu diesem Thema wieder Aussagen einiger der größten Innovatoren an:

"Um wirklich interessante Ideen und junge Technologien in ein Unternehmen zu verwandeln, das über Jahre hinweg innovativ sein kann, ist viel Disziplin erforderlich."                                              

- Steve Jobs        

"Fast jeder Mensch, der eine Idee hat, arbeitet so lange daran, bis ein Erfolg unmöglich erscheint. Dann verliert er den Mut. Doch das ist der falsche Zeitpunkt, um sich entmutigen zu lassen.“

- Thomas Edison

„Einige der besten schöpferischen Momente basieren auf einer ‘falschen Denke‘. Die meisten Menschen starten auf dem vermeintlich richtigen Weg und folgen alle demselben Pfad. Der falsche Weg führt zu Fehlern, aus denen man lernen und bei denen man Neues entdecken kann – erst daraus entstehen wirklich originelle Ideen. Wenn wir es wagen, anders zu sein, einen offenen Geist zu bewahren und keine Angst vor dem Scheitern haben."

- James Dyson

"Innovation entsteht, wenn man Menschen die Freiheit gibt, Fragen zu stellen – und ihnen die Mittel und die Macht gibt, Antworten darauf zu finden."                                                                              

- Richard Branson

Klingt alles toll, aber wir sollten uns davor hüten, diese Weisheiten für bare Münze zu nehmen. Wären wir beispielsweise glücklich, wenn wir den Überzeugungen und Verhaltensmustern von Nikola Tesla folgen würden? Eher nicht. Er war zwar zweifellos ein großer Innovator (das Einzige, was er nicht erschaffen hat, war das Fahrzeug, das heute seinen Namen trägt!) – aber er war auch besessen von der Zahl ‘Drei‘: Tesla wusch sich immer dreimal hintereinander die Hände – und ging immer dreimal um ein Gebäude herum, bevor er es betrat!

Tesla ist typisch für viele große Innovatoren. Wie Melissa Schilling in ihrem Buch "Quirky: The Remarkable Story of the Traits, Foibles, and Genius of Breakthrough Innovators Who Changed the World"

(„Schrullig: Bemerkenswerte Geschichten über die Eigenschaften, Marotten und Genialität bahnbrechender Innovatoren, die die Welt veränderten“) wortgewandt zeigt, sind sie oft ein wenig exzentrisch. Um dieser individuellen Verschrobenheit etwas entgegenzusetzen, könnten wir uns innovativen Paaren und Trios zuwenden – und siehe da, auch hier gibt es zahlreiche Beispiele: Procter und Gamble, Hewlett und Packard, Jobs und Wozniak, Gates und Allen, Brin und Page. Das Interessante daran: Es sind oft gerade die Unterschiede zwischen diesen Paaren, die zu einer innovativen Unternehmenskultur führen – an was sie glauben, wie sie sich verhalten. Sie inspirieren und befruchten sich gegenseitig – genau das schafft Werte und Verhaltensweisen, die überzeugen und greifen.

Vielfalt ist wichtig

Die Bedeutung von Diversität – Vielfalt – wird noch klarer, wenn wir uns starke Innovationsteams ansehen. In diesem Bereich wurde und wird viel geforscht, und eines ist kristallklar: Vielfalt ist wichtig.

Meredith Belbins berühmte Studien über Teamrollen und das Verhalten verschiedener Individuen zeigen: "Apollo-Teams", die aus vielen ähnlich brillanten Köpfen bestehen, sind in Wahrheit gar nicht sehr erfolgreich. Die besten Leistungen kommen von einer bunten Mischung von Menschen. Besonders deutlich wird das in der Kreativbranche, wo Innovation kriegs- bzw. erfolgsentscheidend ist: Hier tummeln sich nicht nur viele tolle Profis mit brillanten Ideen – es gibt auch ein Ringen um die besten Argumente, wie man diese Ideen in etwas verwandeln kann, das funktioniert.

Dabei sind Konflikte und Auseinandersetzungen gar nichts Schlechtes – der Schlüssel liegt darin, mit ihnen zu arbeiten. Pixar, das Studio, das unter anderem "Toy Story" und andere preisgekrönte Animationsfilme erschaffen hat, ist berühmt dafür. Wie Ed Catmull, einer der Gründer, in seinem exzellenten Buch "Creativity, Inc, Overcoming the Unseen Forces That Stand in the Way of True Inspiration" (Die Kreativitäts-AG: Wie man die unsichtbaren Kräfte überwindet, die echter Inspiration im Wege stehen) erklärt, ist Erfolg kein Zufall – es geht darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Menschen kreativ gedeihen und Herausforderungen im Job meistern können.

Mit gutem Beispiel vorangehen

Das bringt uns zum Thema „Führung“ bzw. „Leadership“ – Menschen, die dazu beitragen, die Kultur in einem Unternehmen zu fördern und zu stärken, sie aber auch in die richtige Richtung lenken können. In seinem Buch "The Illusion of Leadership" überträgt der Autor Piers Ibbotson über Techniken und Ansätze aus der Welt des Theaters auf Unternehmensführung. Ibbotson zufolge wollen beispielsweise große Theater- oder Filmregisseure ihre Ideen niemandem aufzwingen, sondern mit der jeweiligen Situation und spontanen Ideen arbeiten – ihre Aufgabe ist es, diese zu kanalisieren und zu formen.

Es gibt berühmte Beispiele für Innovationsteams, die Außergewöhnliches geleistet haben: z. B. Skunk Works, das in sechs Monaten aus dem Nichts einen Düsenjäger entwickelt hat, oder die faszinierenden Leistungen der Pioniere der Automobilzulieferindustrie, wie der „Barn Gang under Boss Kettering“. Fakt ist: Prototyping und “Schnelles Scheitern“ (Fail Fast) sind beileibe keine neuen Ideen – sie sind auf allen Innovationsreisen immanent. Ohne Fehler ist Lernen überhaupt gar nicht möglich – Unternehmen brauchen eine angstfreie Fehler-Lernkultur für ihre Zukunftsfähigkeit. 

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Es gibt keine allgemeingültige Lösung

Ansätze dieser Art funktionieren sicher in kleinen, fokussierten Teams am Theater, im Film – oder auch in Startups, wo Unwägbarkeit, Kreativität und gemeinsame Ziele im Vordergrund stehen. Aber was ist mit wachsenden und größeren Organisationen? Wie sieht es zum Beispiel im öffentlichen Bereich aus, wo es primär um Reproduzierbarkeit und Konsistenz geht? Was ist mit konstanter Servicebereitschaft und Qualität? Wie können wir hier eine Innovationskultur aufbauen?

Die Antwort: Es gibt kein Patentrezept, das für alle funktioniert. Wer versucht, das ganze Unternehmen in ein Startup zu verwandeln, wird sehr wahrscheinlich scheitern. Und wer sein Unternehmen wie einen schwerfälligen Supertanker einfach so weiterschippern lässt – der läuft Gefahr, dass er langsam, aber heftig scheitert, weil er nicht schnell genug wenden kann, wenn er gegen Felsen kracht.

Es geht vielmehr darum, Sub-Kulturen zu identifizieren und aufzubauen – Teams, die verbunden sind und sich in ihrer Arbeitsweise ergänzen, die komplementär agieren im Innovationsumfeld. Nur wenige der vielen wichtigen Glaubenssätze zur Bedeutung von Innovation gelten für alle. Es gibt viel Spielraum, weil die meisten Unternehmen unterschiedlichste Aufgaben und Herausforderungen haben. Es ist ein bisschen so, als würden sich mehrere Stämme hinter einem Führer vereinen und ihre besonderen Stärken bündeln, um gemeinsam ein starkes, mächtiges Land zu erschaffen.

Nehmen wir an, ein etabliertes Unternehmen mit Mainstream-Forschung (F&E) investiert parallel dazu auch vorausschauend in ein KreativLab, um dort potenziell bahnbrechende Innovationen zu erforschen. Es verfügt vielleicht über einen exzellenten Zugang und innovative Wege zum Markt – erkennt aber eben auch, wie wichtig Corporate Venturing ist (z.B. Finanzierung einer Gründungsunit), um verschiedene Möglichkeiten zur Nutzung ihrer Wissensbasis auszuloten. Als technische Basis könnte dort eine Kollaborationsplattform fungieren, die die gesamte Belegschaft aktiv einbindet und mit einer inspirierenden Beteiligungskultur und hoher Reichweite stetig für eine “kontinuierliche Verbesserung“ der firmeneigenen Produkte, Prozesse und Services sorgt. Und vielleicht sucht dieses Unternehmen auch neue Wege für die Zusammenarbeit mit Nutzern, setzt beispielsweise auf Crowdsourcing und andere Tools, um sich weiteren zukunftsweisenden Innovationsfeldern zu öffnen.

Für all diese Strategien braucht es vor allem ein klares Bekenntnis zu Innovation. Wie man die Innovationsreise angeht, an was man glaubt, das wird je nach Unternehmen sehr unterschiedlich gestaltet sein. Eine Strategie ist auch nicht besser ist als die andere – aber in jedem Fall gilt: Komplexe externe Herausforderungen lassen sich nur mit Diversität meistern, mit Vielfalt.

Vertrauen aufbauen und schenken

Das Allerwichtigste ist Vertrauen: Geben Sie den Menschen Raum und Zeit, leiten Sie sie an und unterstützen Sie sie, lassen Sie sie aber dann auch einfach machen. Und handeln Sie wie Unternehmer, experimentieren Sie, auch wenn Sie dabei sehr wahrscheinlich Fehler machen, lernen Sie. Wie Hella: Einer der zentralen Werte dort ist die Idee der "unternehmerischen Verantwortung". Dr. Jürgen Behrend, geschäftsführender Gesellschafter, hat das in einem Interview wie folgt ausgedrückt:

"Eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen technologisch anspruchsvoller Produkte oder die Gestaltung innovativer Prozesse ist [...] vor allem die Freiheit, die unsere Mitarbeiter haben, Dinge auszuprobieren und neue Wege einzuschlagen. Im Sinne der unternehmerischen Eigenverantwortung, die sich auch in unseren Unternehmenswerten wiederfindet, schafft diese Freiheit viel Raum für Kreativität."

Fazit

Wer eine kontinuierliche Innovationskultur entwickeln möchte, sollte diese fünf Punkte beachten:

  1. Sagen Sie klar und deutlich, was Sie wollen – formulieren Sie Ihre Kultur in Form von Verhaltensweisen und Artefakten. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter wären – was würden Sie sehen, fühlen und hören?
  2. Machen Sie sich bewusst, dass es viele verschiedene Innovationskulturen gibt, mit unterschiedlichen Verhaltensweisen und zugrundeliegenden Werten – achten Sie darauf, dass sie zu Ihrem Unternehmen passen.
  3. Denken Sie daran, dass Menschen neues Verhalten erlernen können – schulen Sie Ihre Teams in Innovationsfähigkeiten, halten Sie sie in Bewegung, fordern und fördern Sie sie.
  4. Binden Sie Ihre Mitarbeiter in das Projekt mit ein – Kulturen entstehen durch gemeinsame Werte und Überzeugungen; dann sind auch alle bereit dafür. Geben Sie nicht von oben herab die Richtung vor, sondern geben Sie sich Zeit und Raum, gemeinsam eine Kultur aufzubauen.
  5. Managen Sie Ihre Innovationskultur aktiv – stärken, honorieren, würdigen und überprüfen Sie sie regelmäßig. Und versuchen Sie, sich "dynamische Skills" anzueignen – Fähigkeiten, kulturelle Routinen zu prüfen und bei Bedarf zu ändern. Hinterfragen Sie sich und "die Art und Weise, wie wir die Dinge hier tun", indem Sie Fragen stellen wie:
  • Welche kulturellen Routinen sollten wir beibehalten oder ausbauen?
  • Welche sollten wir reduzieren oder gar abschaffen?
  • Welche neuen Verhaltensweisen werden wir brauchen, um mit neuen Herausforderungen fertig zu werden?

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