Im vorangegangenen Blogpost zur strategischen Ausrichtung des Ideenmanagements hatte ich Beispiele für mögliche Bezüge des Ideenmanagements zur Unternehmenspolitik und -strategie vorgestellt, Anregungen für Aussagen zur „Mission“ und „Vision“ des Ideenmanagements gegeben und Unterschiede zwischen den möglichen strategischen Ansatzpunkten eines Ideenmanagements beschrieben. Hier folgen nun weitere Konkretisierungen für die nachfolgenden Schritte, in denen es um die Definition passender Ziele und um die Ableitung entsprechender Fokusthemen und Handlungsfelder geht.
Schritt 5: Ziele des Ideenmanagements
Wenn Sie (wie in Teil 1 dargestellt) die Mission, Vision und Strategie beschrieben haben, sind Sie bestens gerüstet, die Ziele für Ihr Ideenmanagement zu definieren. Welche (z.B. von der Unternehmensleitung vorgegebenen) Ziele müssen Sie erreichen, welche Ziele setzen Sie sich?
Beispiele für mögliche langfristige bzw. beständige Ziele sind:
- Erreichung bestimmter Zielwerte bei relevanten Kennzahlen des Ideenmanagements: z.B. Durchlaufzeiten, Umsetzungsanteil, Beteiligungsquote
- Erreichung bestimmter Zielwerte bei weiteren relevanten Indikatoren: z.B. Anzahl bzw. Anteil der Vorschläge, die einen Beitrag zu strategisch priorisierten Themen des Unternehmens bewirken; Bekanntheit und Attraktivität des Ideenmanagements
Ob man bei diesen Beispielen besser von „Erfolgskriterien“ statt von „Zielen“ spricht, ist vielleicht Geschmackssache – in jedem Fall ist eine ausdrückliche Bezifferung von Zielwerten erforderlich, um zwischen Erfolg (entsprechend der Mission und Vision) und Misserfolg unterscheiden und bei Misserfolg entsprechenden Handlungsbedarf erkennen zu können. Aus diesem Handlungsbedarf resultieren dann im nächsten Schritt Handlungsschwerpunkte und Fokusthemen (siehe Schritt 6).
In Abbildung 1 finden Sie einige Beispiele für mögliche wechselnde Ziele, die jeweils davon abhängen, welche Weiterentwicklungen ausgehend vom bereits erreichten Zustand als Nächstes erreicht werden sollen.
Abb. 1: Beispiele für mögliche wechselnde Ziele des Ideenmanagements
Je nachdem, welche davon priorisiert werden, ergeben sich aus den wechselnden Zielen weitere Handlungsschwerpunkte und Fokusthemen.
Neben Zielen, die gleichrangig nebeneinanderstehen, können Ziele auch hierarchisch geordnet sein. Beispielsweise werden „Bekanntheit“ und „Attraktivität“ meist vor allem deshalb angestrebt, weil sie förderliche Faktoren (wenn nicht gar Voraussetzungen) für ein erwünschtes Ausmaß der „Beteiligung“ sind. In diesem Sinne ordnen sich die wechselnden kurz- und mittelfristigen Ziele den langfristigen bzw. beständigen Zielen unter.
Ausführlichen Input zu an Kennzahlen orientierten Zielen des Ideenmanagements erhalten Sie in den Blogbeiträgen, auf die im „Register“ unter dem Stichwort „Ziele und Erfolgskriterien für ein Ideenmanagement“ verlinkt ist.
Schritt 6: Fokusthemen & Handlungsschwerpunkte
Klar: ”You want it all and you want it now“ – aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut! Wer versucht, alles gleichzeitig zu machen, macht meistens nichts richtig. Die Kernfragen in diesem Schritt lauten daher: „Auf welche Themen fokussieren Sie sich?“ „Wo liegen in der nächsten Zeit Ihre Handlungsschwerpunkte?“ Gemeint sind damit Themen und Aktivitäten, die nicht Teil des Tagesgeschäfts im Ideenmanagement sind.
Mögliche Fokusthemen und Handlungsschwerpunkte können sich aus zu großen Abweichungen der tatsächlich erreichten Kennzahlen von Zielgrößen ergeben. Beispielsweise würde man Schwerpunkte …
- … bei zu langen Durchlaufzeiten etwa auf Projekte zu deren Verkürzung oder zum Abbau von „Altlasten“ legen. Dafür würde man vielleicht zunächst die Ursachen für Verzögerungen analysieren, um nachfolgend je nach Ergebnissen der Analyse die Bewertungsvorgänge bei der Begutachtung zu vereinheitlichen und Bearbeitungsprozesse zu verschlanken, Fach- und Führungskräfte für die Bearbeitung von Vorschlägen zu motivieren und zu qualifizieren oder ein effektives Reporting- und Eskalationssystem aufzubauen;
- … bei einer zu geringen Beteiligung vielleicht auf Sonderaktionen zu deren Erhöhung legen, die Hemmschwelle für Einreicher durch attraktivere Eingabemöglichkeiten verringern (z.B. Apps mit Spracherkennung, persönliche Sprechstunden vor Ort) oder sich um eine zielgruppenspezifische Wortwahl in der inspirierenden und motivierenden Ansprache verschiedener Personengruppe bemühen;
- … bei einer (z.B. in Mitarbeiterbefragungen festgestellten) zu geringen Bekanntheit auf umfassende Kommunikations- und Informationskampagnen legen oder auf eine Aufnahme des Ideenmanagements in den Onboarding-Prozess für neue Mitarbeiter und Auszubildende hinwirken.
- … bei zu wenigen strategisch relevanten Vorschlägen auf Sensibilisierungsprogramme legen, mit denen Mitarbeitern der Bezug des Geschehens auf dem Shopfloor zu strategischen Themen bewusst gemacht wird, oder strategische Themen auf konkrete Fragestellungen herunterbrechen und dazu dann gezielte Kampagnen durchführen.
Andere Fokusthemen hängen unmittelbar damit zusammen, welche weiteren Ziele in Schritt 5 priorisiert wurden, welche Weiterentwicklungen also als Nächstes erreicht werden sollen. Abbildung 2 zeigt Handlungsschwerpunkte, die mit Bezug auf die in Schritt 5 genannten Beispiele darin bestehen könnten, …
Abb. 2: Beispiele für mögliche Handlungsschwerpunkte mit Bezug auf die in Abbildung 1 gezeigten Ziele des Ideenmanagements
Die genannten Beispiele machen deutlich, dass durchaus verschiedene Handlungsschwerpunkte möglich sein können, um ein- und demselben in Schritt 5 priorisierten Ziel näherzukommen. Auch wurde deutlich, dass es sich stets um Projekte handelt, die gemäß „SMART-Kriterien“ nach einem überschaubaren Zeitraum (der durchaus auch länger als ein Jahr sein kann) wieder abgeschlossen werden und dann bis auf weiteres „abgehakt“ sein sollten. Anschließend wird das nächste Fokusthema in Angriff genommen.
Wie bereits erwähnt, ist es nicht sinnvoll, zu viele Projekte auf einmal zu beginnen. Umgekehrt gilt aber auch: Wer gar keine Handlungsschwerpunkte definiert und zu 100% nur mit Alltagsroutinen beschäftigt ist, bewirkt keinen Fortschritt – und das bedeutet: Stillstand, der Rückschritt ist.
In den Blogbeiträgen, die Sie im „Register“ unter dem Stichwort „Erfolgsfaktoren des Ideenmanagements“ finden, ist das gesamte Feld beschrieben, das ein Ideenmanagement „beackern“ muss, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Hier erwartet Sie eine Fülle von Anregungen für Themen, auf die Sie je nachdem, wie gut Ihr Ideenmanagement darin gerade aufgestellt ist und wo der größte Handlungsbedarf besteht, den Fokus legen können.
Schritt 7: Roadmaps & Meilensteine
Nach dem Motto „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ geht es im letzten Schritt darum, terminierte Meilensteine für konkrete „Handlungen“ in den Handlungsschwerpunkten festzulegen: Wer macht was bis wann?
- Hierfür Beispiele aufzuführen, würde angesichts der Vielfalt möglicher To-dos, die je nach unternehmens- und situationsspezifischen Erfordernissen in Frage kommen, den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen. Stattdessen verweise ich auf die Beispiele, die Sie unter dem Stichwort „Praxisbeispiele“ im „Register“ finden.
Dank der vorherigen Schritte 1 bis 6 sollte nun jedoch allen Beteiligten klar sein, welchem übergeordneten Zweck die einzelnen „To-dos“ in den so entstandenen Projekt- und Maßnahmenplänen dienen. Das stärkt deren Motivation und trägt dazu bei, dass die strategischen Ziele in der Hektik des Alltags nicht aus den Augen verloren werden.
Zusammenfassung & Fazit
Zwischendurch habe ich bereits angedeutet, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Schritten teilweise fließend sind: Aus den Bezügen zur Unternehmensstrategie ergeben sich unmittelbar Aufträge für die Mission sowie Anhaltspunkte für passende Strategien des Ideenmanagements; von der Mission und Vision ist es nicht weit zu den Zielen, die dann relativ nahtlos zu Fokusthemen und Handlungsschwerpunkten weiterleiten. So entsteht ein „roter Faden“, der den Weg vom Allgemeinen (dem „großen Ganzen“) zum Konkreten (den einzelnen „Doings“) aufzeigt – und stets auch in der anderen Richtung den Bezug der Details zum Ganzen sichtbar macht.
Diese Struktur ist in Abbildung 3 nochmals veranschaulicht. Gegenüber Abbildung 2 im ersten Teil ist hier auch visualisiert, dass Klärungen auf den übergeordneten Ebenen dazu beitragen, dass Ressourcen für die Umsetzung der „Doings“ auf den Handlungsebenen bereitgestellt werden.
Abb. 3: Struktur der 7 Schritte zur strategischen Ausrichtung des Ideenmanagements: Klärungen in den Schritten 1-5 erleichtern die Bereitstellung von Ressourcen für die Schritte 6 und 7
Bei allen von mir zu den verschiedenen Schritten aufgeführten Beispielen handelt es sich um nichts Neues: Die Argumente zum Nutzen und zur Daseinsberechtigung sind ebenso bekannt wie die verschiedenen Zieldimensionen und möglichen strategischen Ausrichtungen eines Ideenmanagements. Das Gleiche gilt für die Handlungsfelder, die ein Ideenmanagement „beackern“ muss, um erfolgreich zu sein.
Worum es in diesen sieben Schritten stattdessen geht, ist die Erstellung einer „unternehmensspezifischen Gesamtschau aus einem Guss“:
- Indem sich das Ideenmanagement in dieser Struktur selbst darstellt, entsteht ein Orientierungsrahmen, der den Akteuren im Ideenmanagement hilft, den Überblick im Klein-Klein des Alltags zu behalten und sich mit allen Parteien außerhalb des Ideenmanagements über die wesentlichen Themen zu verständigen.
- Nicht zuletzt wird bereits bei der strukturierten Erstellung deutlich, ob das Konzept des eigenen Ideenmanagements überhaupt in sich stimmig ist: ob die Mission, die Ziele, die strategische Aufstellung und die Fokusthemen, an denen man aktuell arbeitet, zusammenpassen – oder ob man vielleicht von (eventuell schon vor langer Zeit oder unbewusst) festgelegten strategischen Ansatzpunkten eher behindert als unterstützt wird, Ziele verfolgt, die nichts mit der Mission und Vision zu tun haben, oder auf Handlungsfeldern tätig ist, die keinen Beitrag zum Erreichen erklärter Ziele erwarten lassen.
Als Fazit zitiere ich hier den Anfang und den Schluss des in Teil 1 erwähnten Blogbeitrags zur Ideenmanagement-Strategie bei der thyssenkrupp Materials Services GmbH: „Eine gut entwickelte Strategie trägt nicht nur zu Klarheit, langfristiger Stabilität und höherer Motivation bei, sondern dient auch als Kommunikationsmittel, um Stakeholder über die Ziele und Pläne des Ideenmanagements zu informieren. Das fördert das Interesse der Unternehmensleitung und stärkt ihr Vertrauen, dass Ressourcen effizient und für die richtigen Zwecke eingesetzt werden.“
„Kurz: Seine Strategie ausformuliert zu haben, macht das Ideenmanagement stärker – die Arbeit dafür lohnt sich!“
Ein nach Stichworten sortiertes Verzeichnis mit Links auf alle bisher erschienenen Beiträge im Blog zum Ideenmanagement finden Sie in diesem Register.
Alle Erwähnungen von Unternehmen und Produkten sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.
Quellenangaben / Abbildungen: Dr. Hartmut Neckel