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Ungenutzte Goldmine: Dialogformate als Erfolgsfaktor im Ideenmanagement

Geschrieben von Vera Lampl | 09.11.23 08:14

Von Ideation-Workshops bis zu Ideen-Sprints: Dialogformate zur Ideengenerierung sind vor allem aus dem Innovationsmanagement oder Lean Management bekannt. Sie punkten mit dem direkten, persönlichen Austausch aller Beteiligten und einem klaren Zielbezug. Überraschend: Obwohl der Nutzen pro Mitarbeiter aktuellen Statistiken zufolge um 51 Prozent und die Beteiligungsquote um 30 Prozent steigt, werden Dialogformate im Ideenmanagement noch wenig genutzt. Warum das so ist und welche neuen Erkenntnisse es zu den verschiedenen Methoden gibt, erfahren Sie hier.

In der Praxis verschmelzen Ideenmanagement und Innovationsmanagement zunehmend, da Mitarbeiter nicht nur als Quelle für Verbesserungsvorschläge, sondern auch für Innovationsideen gesehen werden. Zugleich gibt es verstärkt Ansätze, das Ideenmanagement und kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP/Kaizen) zu integrieren. Die Grenzen in Bezug auf Ideen verschwimmen – so rücken auch spannende, neuere Methoden zur Ideengenerierung aus angrenzenden Prozessen in den Fokus: sogenannte Dialogformate wie Ideen-Sprints aus dem Innovationsmanagement oder der Experten-KVP durch Mitarbeiter aus dem KVP/Kaizen-Umfeld.

Die Ideenmanagement-Studie 2023 hat dazu Spannendes herausgefunden, berichtet Studienautor Nils Landmann: „Mit dem intensiveren Einsatz von Dialogformaten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Organisationen einen höheren monetären Nutzen und mehr Beteiligung am Ideenmanagement erreichen.“ Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor, denn durch höhere Beteiligungsquoten lässt sich das Ideenmanagement insgesamt besser und nachhaltiger in der Belegschaft verankern und der insgesamt höhere berechenbare Nutzen ist gleichmäßiger verteilt. On top verteilen sich dadurch je nach Prämienregelung auch Prämienzahlungen ausgewogener.

Spontane Ideeneinreichung birgt Probleme

Dennoch dominiert in vielen Unternehmen bis heute die klassische spontane – d.h. unmoderierte oder interaktionslose – Ideeneingabe. Obwohl heute oft softwarebasiert, ähnelt die Methodik den Anfängen des “Betrieblichen Vorschlagswesens“ (BVW), mit einem Briefkasten zum Sammeln von Verbesserungsvorschlägen. Im Arbeitsalltag birgt das gleich mehrere Probleme:

  • Geringe Qualität der Vorschläge: Spontan eingereichten Ideen fehlt es oft an inhaltlicher Tiefe und Umsetzbarkeit, was die Akzeptanz bei Gutachtern und Realisierern nicht eben fördert. Ineffiziente Prozesse und unnötig hohe Prozesskosten erschweren die Arbeit zusätzlich.

  • Mangelnder Zielbezug: Einreicher beteiligen sich oft ohne klare Ziele oder Erwartungen. Auch die ureigene Zielsetzung des Ideenmanagements – meist der einzige institutionalisierte Feedback-Kanal für Mitarbeiter – ist ihnen oft zu wenig bekannt oder bewusst. Daraus entstehen wenig zielgerichtete "Schöner Wohnen"-Ideen, die Image und Effizienz des Ideenmanagements schaden.

  • Konflikte in der Zeit- und Ressourcenplanung: Spontane Ideeneingaben sind zeitlich schwer planbar, was Prozessbeteiligte (v.a. Experten und Gutachter) zusätzlich belastet. Hinzu kommt: In der Regel wurden die betroffenen Bereiche auch nicht aktiv um diese Vorschläge gebeten. Je nach Unternehmenskultur kann auch das dazu führen, dass das Ideenmanagement negativ wahrgenommen wird (Not-invented-here-Syndrom, NIH).

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ersetzen oder ergänzen immer mehr Organisationen – interessanterweise vor allem die mit einem jüngeren Ideenmanagement bzw. mit jüngeren Ideenmanagern – die spontane Ideeneingabe durch Dialogformate. Ihr Reiz liegt eben genau im "Dialog“: Sie fördern den direkten und persönlichen Austausch aller Beteiligten durch aktive Diskussion und Interaktion sowie die Integration des Ideenmanagements mit angrenzenden Prozessen und Methoden.

Mehr Qualität und Effizienz: Neuere Methoden lassen aufhorchen

 

Abb. 1: Hoher Nutzen durch Dialogformate im Ideenmanagement (Quelle: Ideenmanagement-Studie 2023)

Laut der Studie 2023 erzielen Organisationen, die im Ideenmanagement verstärkt auf Dialogformate setzen, durch die Bank deutlich bessere finanzielle Ergebnisse als ihre Vergleichsgruppen. Autor Nils Landmann erläutert: „Durch Dialogformate steigt der berechenbare Nutzen pro Mitarbeiter und Jahr insgesamt um 51 Prozent, der pro Idee um 22 Prozent. Die Beteiligung am Ideenmanagement erhöht sich um 30 Prozent, die Realisierungsquote verdoppelt sich. Und die Wiederverwendungsquote von Ideen ist 10 Prozent höher.“

Wie Kampagnen als wahrscheinlich bekanntestes Dialogformat in Ideenmanagement funktionieren und was sie bringen, lesen Sie in diesem Blogbeitrag: 290 Euro mehr Nutzen: Kampagnen – der Turbo für Ihr Ideenmanagement.

Neuere Dialogformate wie methodisch unterstützte Ideation-Workshops, Experten-KVP, Ideen-Pitches und Ideen-Sprints erzielen aktuellen Erkenntnissen zufolge besonders bemerkenswerte Ergebnisse. Wir sehen uns diese vier Formate deshalb einmal näher an.

Ideation-Workshops

Ideation-Workshops finden in den frühen Phasen der Ideenfindung statt und werden von geschulten Moderatoren durchgeführt. Ihr Hauptziel besteht darin, gezielt Ideen zu generieren (und je nach Workshop-Art auch zu bewerten). Der Fokus liegt entweder darauf, eine Vielzahl von Rohideen zu einem bestimmten Problem zu sammeln oder wenige, aber qualitativ hochwertige und gründlich ausgearbeitete Lösungen zu entwickeln. Wichtig ist dabei ein klares Zielbild und der Einsatz passender Workshop-Techniken (z.B. Design Thinking, Brainstorming).

Abb. 2: Höhere Beteiligung durch Ideation-Workshops (Quelle: Ideenmanagement-Studie 2023)

Organisationen, die Ideation-Workshops nutzen, erzielen bessere Ergebnisse beim rechenbaren Nutzen pro Idee und treffen schnellere Entscheidungen. Die Beteiligungsquote ist höher und die Realisierungsquote ist besonders hoch (s. Abb. 2), vor allem bei Organisationen mit weniger Erfahrung im Ideenmanagement. Ideation-Workshops erhöhen offenbar die Attraktivität des Ideenmanagements insgesamt.

Experten-KVP durch Mitarbeiter

Im KVP identifizieren Mitarbeiter aktiv Verbesserungspotenziale, zum Beispiel zum Bedienen einer Anlage. Unter Anleitung eines Meisters besprechen hier die Maschinenbediener potenzielle Qualitätssteigerungen – und diejenigen unter ihnen, die durch konstant hochwertige Verbesserungsvorschläge auffallen, werden für den Experten-KVP ausgewählt und intensiver geschult. Diese Experten widmen sich dann ausführlicher den Optimierungen oder werden zu Prozessoptimierern. Sie stammen in der Regel direkt aus der Produktion und haben eine ähnliche Rolle wie früher REFA-Techniker in Industriebetrieben.

Der ROI (Return on Investment) in Organisationen mit intensivem Experten-KVP ist offensichtlich doppelt so hoch im Vergleich zu anderen. Ebenso ist ihr Ideenmanagement-Ansatz deutlich effizienter, mit kürzeren Entscheidungszeiträumen. Doch obwohl der Nutzen signifikant hoch ist, wird auch der Experten-KVP im Ideenmanagement noch wenig genutzt; nur 12 Prozent der Organisationen setzen ihn häufig ein.

Ideen-Pitches

Der Ideen-Pitch leitet sich vom Elevator Pitch ab und dient in der Entscheidungsphase dazu, eine Idee in kurzer Form einem hochrangigen Gremium zu präsentieren. Typischerweise geht es hier um Ideen mit hohem Nutzen, großer Komplexität oder strategischer Bedeutung. Das Format ist standardisiert und die Präsentatoren werden oft von Experten unterstützt. Im Ideenmanagement dient der Ideen-Pitch dazu, effiziente Entscheidungen über komplexe, bereichsübergreifende Ideen zu treffen (ergänzend zum Expertengutachten).

Abb. 3: Methoden im Ideenmanagement (Quelle: Ideenmanagement-Studie 2023)

Organisationen, die auf Ideen-Pitches setzen, erzielen offenbar einen deutlich höheren Nutzen pro Idee – zurückzuführen auf die Auswahl hochwertiger Ideen – und auch die Beteiligungs- und Realisierungsquoten sind dort signifikant besser. „Der Ideen-Pitch erhöht offenbar die Sichtbarkeit des Ideenmanagements und steigert somit auch die Beteiligung,“ erläutert Landmann. „Als sogenanntes Leuchtturm-Format kann er das Image des Ideenmanagements bei Mitarbeitern und Management positiv beeinflussen“. Trotz ihres Nutzens sind Ideen-Pitches im Ideenmanagement noch nicht weit verbreitet, nur etwa 15 Prozent nutzen sie intensiv.

Ideen-Sprints

Ideen-Sprints sind von Design-Sprints aus dem Design Thinking inspiriert und dienen der Bewertung und Umsetzung von Ideen. Ziel ist es, in 3 bis 5 Tagen aus einer groben Idee ein ausgearbeitetes Minimum Viable Product(MVP) zu entwickeln. Der MVP-Ansatz ermöglicht rasches Feedback und reduziert so das Risiko für Fehlinvestitionen. Der Sprint eignet sich daher besonders für die Bearbeitung von komplexen Ideen und schafft eine solide Grundlage für Entscheidungen. Während einer typischen Sprint-Woche (außerhalb des Tagegeschäfts) konzentrieren sich Teammitglieder ausschließlich auf diesen Prozess.

Die Ideenmanagement-Studie 2023 zeigt die bemerkenswerten Effekte von Ideen-Sprints für das Ideenmanagement. Nils Landmann: „Organisationen, die Ideen-Sprints nutzen, erzielen fast doppelt so viel Nutzen pro Idee, haben eine fast doppelt so hohe Beteiligung und scheinen auch schneller Entscheidungen über Ideen zu treffen.“ Trotzdem sind sie bislang nur wenig verbreitet: Laut Studie nutzen sie nur 11 Prozent der Organisationen – meist größere Unternehmen mit jüngeren Ideenmanagern.

 

Fazit und Empfehlungen für die Praxis

 

Sie sehen: Der verstärkte Einsatz von Dialogformaten im Ideenmanagement lohnt in jedem Fall, da er die Qualität der Ideen verbessert, die Beteiligung fördert und den monetären Nutzen steigert. Eine vielversprechende Entwicklung, die auch dazu beiträgt, Ideenmanagement als Kulturarbeit zu etablieren. Wenn Sie also bisher “nur“ klassische Methoden wie die spontane Ideeneingabe oder das Expertengutachten nutzen, sollten Sie über eine Erweiterung Ihres Baukastens nachdenken.

Abschließend unsere Tipps:

  • Erweitern Sie Ihren Methodenkasten im Ideenmanagement um verschiedene Dialogformate.
  • Es gibt nicht DIE eindeutig beste Methode: Überprüfen Sie die Wirksamkeit jeder Methode und passen Sie sie an Ihre Ziele an.
  • Experimentieren Sie mit verschiedenen Formaten, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Mit dem richtigen Methodenmix – je nach Zielen und Bedürfnissen Ihrer Organisation – können Sie den Nutzen Ihres Ideenmanagements maximieren und eine inspirierende Ideenkultur fördern!

 

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